Schutz & Rettung Zürich

Einsatzwachstum und Personalmangel belasten Rettungsdienste

· Online seit 02.02.2023, 07:06 Uhr
Rekordhohe Einsatzzahlen und gleichzeitig Personalmangel bei den Rettungsdiensten: Beides macht Schutz & Rettung Zürich zu schaffen. Es ist ein Kampf an zwei Fronten gegen die zunehmende Überlastung der Rettungssanitäterinnen und -sanitäter.
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Rund 100 Mal täglich rückte der Rettungsdienst von Schutz & Rettung Zürich im vergangenen Jahr aus. Eine deutliche Zunahme, wie Schutz & Rettung Zürich gestern mitteilte. Gleichzeitig herrscht Personalnot im Rettungsdienst. Mehr Einsätze und zu wenig Personal: Eine triviale Rechnung, die so nicht aufgehen kann. Es soll deshalb künftig nicht immer ein Rettungswagen in Vollbesetzung an jeden Einsatz geschickt werden.

Es ist kein neuer Trend, dass die Einsätze der Rettungsdienste zunehmen. Schon während der letzten Jahre hat die Belastung zugenommen. Die Gründe für den Anstieg bei den Einsätzen sind zweierlei Natur. Julia Graf, Sprecherin von Schutz & Rettung Zürich, sagt: «Die Anzahl der Einsätze steigt unter anderem durch die wachsende Bevölkerung, aber auch durch die Überlastung verschiedener Teile des Gesundheitswesens kontinuierlich an.» Mit letzterem gemeint ist der Fachkräftemangel in den Spitälern oder bei Hausärzten und Notfallärztinnen. «Mangels Alternativen wird der Notruf 144 gewählt.»

Im Zweifelsfall ist die 144 die erste Ansprechstelle

Trotz der zunehmenden Belastung auf die Rettungsdienste betont Julia Graf: «Es darf keine Schwelle bestehen, den Notruf 144 zu wählen.» Im Zweifelsfall und bei lebensbedrohlichen Situationen sei die Notrufnummer die erste Ansprechstelle. Bei der Triage erfolge eine Weitergabe an Notfallärztinnen, sofern diese innert nützlicher Frist verfügbar sind. Im Zweifelsfall entsendet die Einsatzleitzentrale aber immer einen Rettungswagen.

Ein neues System soll dieser Praxis treu bleiben und trotzdem für Entlastung sorgen. Spezialisten sollen künftig beurteilen, ob es einen Rettungswagen braucht oder der Fall anders abgewickelt werden kann. Das Berufsbild könnte längerfristig gesamtschweizerisch zum Einsatz kommen, davon geht man bei Schutz & Rettung Zürich aus.

Rettungsdienst wegen Schnitt im Finger

Bis dieses Modell greift und für nachhaltige Entlastung sorgt, dauert es wohl noch eine Weile. Der Kampf erfolgt derweil weiter an zwei Fronten – beim Personalmangel und den steigenden Einsatzzahlen. 30 Stellen als Rettungssanitäterin waren im Dezember im Kanton Zürich offen. Eigentlich müssten aufgrund des Einsatzwachstums zusätzliche Mittel in Betrieb genommen werden. «Aufgrund des in der Branche vorherrschenden Fachkräftemangels ist das aber nicht möglich.» Die Rettungssanitäter sind während den Schichten immer stärker ausgelastet. Immer mehr wechseln die Branche.

Die Überlastung der Rettungsdienste ist auch auf nicht-dringliche Notfälle zurückzuführen. Denn das Einsatzwachstum betrifft vor allem auch nicht-dringliche Notfälle, so Graf. «Muss der Rettungsdienst vermehrt für Bagatell-Einsätze – der kleine Schnitt im Finger oder der leicht verstauchte Fuss – ausrücken, so stehen in dieser Zeit das Fahrzeug und das Team nicht für schwerwiegendere Fälle zur Verfügung.» Die Rettungsdienste haben dann weniger Fahrzeuge in der Vorhalteleistung.

Ein Problem im Gesundheitswesen führt zum nächsten

Auch beim Verlegungsdienst nahm die Anzahl Transporte zu, um 20 Prozent. Der Verlegungsdienst ist wie der Rettungsdienst eine Abteilung des Bereichs Sanität bei Schutz & Rettung Zürich. Er kommt zum Einsatz, wenn bereits versorgte, stabile Patientinnen transportiert werden müssen. «Der starke Anstieg kann unter anderem auf die begrenzte Verfügbarkeit von Spitalbetten und die damit zusammenhängenden Verlegungen in andere Spitäler zurückgeführt werden», so Julia Graf. Der Anstieg im Bereich Verlegungsdienst ist also direkt auf ein anderes Problem in unserem Gesundheitswesen zurückzuführen.

Was die gestern publizierten Zahlen von Schutz & Rettung Zürich ebenfalls offenbarten: Die Anzahl eingegangener Notrufe stieg insgesamt um acht Prozent an – und dieser Anstieg ist einzig und allein auf die Zunahme von Sanitätsnotrufen zurückzuführen. Die Feuerwehrnotrufe gingen zurück. Natürlich führt nicht jeder einzelne Sanitätsnotruf zu einem Einsatz des Rettungsdienstes. Es erfolgt eine Triage bei der Einsatzleitzentrale.

Aber mehr Sanitätsnotrufe führen insgesamt zu mehr Einsätzen. «Eine zusätzliche Herausforderung für die Einsatzleitzentrale war die Koordination der Spitalzuweisungen – beispielsweise, weil die Notfallstationen kurzfristig überbelegt sind», erklärt Graf. Es vergeht so mehr Zeit, bis der Rettungsdienst ein Spital anfahren kann – beispielsweise weil die Notfallstationen kurzfristig überbelegt sind.

Rekord bei Freizeitunfällen

Nicht nur Schutz & Rettung Zürich hat ein Rekordjahr hinter sich. Auch die Suva verzeichnete im vergangenen Jahr Rekordzahlen. Noch wurden der Suva so viele Freizeitunfälle gemeldet. Insgesamt registrierte die Suva knapp 290'000 Unfälle, viele davon bei Outdoor-Aktivitäten. Ein Grund dafür war laut Suva das aussergewöhnlich schöne Wetter im Frühling und Sommer. Am meisten Sport- und Wanderunfälle gab es im März.

Schutz & Rettung Zürich führt keine Statistik dazu, ob sich ein Unfall in der Freizeit oder bei der Arbeit ereignete. Aber auch bei Schutz & Rettung Zürich nehmen die Einsätze aufgrund von Unfällen seit dem Pandemieende wieder zu. Während der Pandemie hatten die Einsätze deutlich abgenommen, weil die Menschen vermehrt zu Hause blieben.

veröffentlicht: 2. Februar 2023 07:06
aktualisiert: 2. Februar 2023 07:06
Quelle: ZüriToday

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