Made in China

Greenwashing in Zürcher Modeshop: Wenn Nachhaltigkeit zum Schwindel wird

14.06.2023, 07:56 Uhr
· Online seit 14.06.2023, 06:55 Uhr
Der Webshop Paul Rosenbach verkauft laut eigenen Angaben nachhaltige, lokal produzierte Mode aus Zürich. Doch eigentlich stammt die Billigware aus China. Stefan Lanz vom nachhaltigen Modeshop rrrevolve ordnet ein, was Nachhaltigkeit in der Mode bedeutet.
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Umweltfreundliche und lokale Produktion, faire Arbeitsbedingungen, kurze Transportwege, Nachhaltigkeit und Langlebigkeit: Damit wirbt der Online-Modeshop Paul Rosenbach auf seiner Website und verkauft das Ganze als «Mode aus Zuerich».

Wie «SRF Espresso» berichtet, sind die Produkte von Paul Rosenbach alles andere als nachhaltig und regional. In Wirklichkeit kommt die Ware aus Asien und täuscht damit viele Zürcher Kundinnen und Kunden. Was nachhaltige Mode wirklich bedeutet, erklärt der Gründer vom Zürcher Modeshop rrrevolve Sebastian Lanz.

«Lumpenzeugs» made in China

Wer bei Paul Rosenbach bestellt, rechnet mit edlen Kleidungsstücken aus hochwertigen Materialien. Eben so, wie es auf der Website beworben wird. Im Briefkasten landet jedoch ein Paket aus Asien. «‹Made in China› stand drauf», sagt eine Kundin. Der Inhalt: synthetische Kleidung aus billigstem Material und schlecht verarbeitet. Eine Kundin nennt es «Lumpenzeugs», das nicht einmal 20 Franken wert sei.

Eine Beschwerde kann bei Paul Rosenbach nur über ein Kontaktformular eingereicht werden. Als Standardantwort heisst es, via Formular kann man die Ware zurück nach China schicken – und zwar auf eigene Kosten.

Und auch bei der «Zufriedenheitsgarantie» hat der Shop einen Trick auf Lager: Unzufriedene Kunden wird der volle Kaufpreis zurückerstattet. Doch die Garantie gilt nicht für reduzierte Ware. «Alles in diesem Shop ist reduziert. Deshalb erhält man sicher nie sein Geld zurück, sondern nur einen Gutschein», erzählt eine Kundin.

Wann ist Mode wirklich «nachhaltig»?

«Das ist klassisches Greenwashing und Konsumententäuschung. Und meiner Ansicht nach auch Betrug», sagt Sebastian Lanz. Der Zürcher Fair-Fashion-Pionier hat rrrevolve 2010 als Online-Shop gegründet. Mittlerweile erhält man die Mode in zwei Zürcher Shops und in einem Laden in Bern. Die Philosophie von rrrevolve steckt in den drei «r»: «reduce», «reuse» und «recycle». Nachhaltigkeit steht hier im Mittelpunkt.

«Ein Produkt ist dann nachhaltig, wenn dessen Produktion, Gebrauch und Entsorgung weder Mensch noch Umwelt schaden», erklärt Lanz. Dabei wendet rrrevolve strikte Kriterien auf alle potentiellen Lieferanten an. «Wir verlangen viel Transparenz von den Herstellern und durchleuchten diese gut, bevor wir etwas einkaufen.» Dazu dienen Zertifizierungen und Labels, welche Lanz und sein Team genau überprüfen. So können auch gefälschte Zertifizierungen erkannt werden. «Diese Mühe muss man sich machen», sagt der Geschäftsführer.

Regional hergestellt in Zürich – von wegen

Ausserdem arbeitet rrrevolve seit vielen Jahren mit kleinen Schweizer Labels zusammen, auch wenn diese oftmals keine Zertifizierung haben. Diese seien relativ teuer und müssen jährlich erneuert werden. «Bei kleineren Labels ist es eine Vertrauenssache», sagt Lanz. Man sucht das Gespräch mit Lieferanten, um zu sehen, ob sie die gleichen Anforderungen an Nachhaltigkeit erfüllen und verstehen, was das bedeutet. «Das merkt man extrem schnell», erklärt Lanz.

Zwar gibt es viele nachhaltige Schweizer Labels, aber Regionalität in der Herstellung – das gibt es laut Lanz eigentlich nicht. «Es ist extrem selten, dass heute noch etwas komplett in der Schweiz hergestellt wird», sagt er. Ausser teurem Leinen wird kein Rohmaterial in der Schweiz angepflanzt. Die Kosten für Leinenprodukte seien jedoch so hoch, dass rrrevolve diese nicht ins Sortiment aufnimmt und daher auf geprüfte Lieferanten aus Belgien oder Frankreich zurückgreift. «Dieser kurze Transportweg macht nur einen kleinen Teil der Umweltbelastung aus im Vergleich zu Ware, die aus Fernost kommt.»

Es braucht gesetzliche Massnahmen

Der Slogan «Mode aus Zürich» von Paul Rosenbach ist also auch aus produktionstechnischer Sicht fragwürdig. «Wir sollten uns anderen Ländern wie Skandinavien anschliessen, wo solche Aussagen verboten sind», fordert der Geschäftsführer von rrrevolve. Es sei nicht einfach, ein solches Verbot umzusetzen. «Aber die wenigsten Menschen setzen sich selber mit den Labels auseinander», sagt Lanz. Daher sei die Einführung gesetzlicher Massnahmen gegen solche Betrüger umso wichtiger.

Bis es soweit ist, können Betroffene eine Beschwerde beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) via Online-Formular einreichen.

Auf Anfragen bei Paul Rosenbach erhielt ZüriToday keine Reaktion.

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veröffentlicht: 14. Juni 2023 06:55
aktualisiert: 14. Juni 2023 07:56
Quelle: ZüriToday

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