Zürich

Flughafen Zürich «spendet» Parteien mehrere Tausend Franken

Pistenverlängerung

Flughafen Zürich «spendet» Parteien mehrere Tausend Franken

26.04.2023, 18:53 Uhr
· Online seit 26.04.2023, 16:45 Uhr
Die Flughafen Zürich AG verteilt Parteien Geld – als «Spende». Und das, in einem Jahr, in dem der Kantonsrat über die Pistenverlängerung abstimmt. Doch nur die «flughafen-freundlichen» Parteien erhalten Geld. Will der Flughafen die Abstimmung lenken?

Quelle: TeleZüri

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Eine Umfrage des «Tages-Anzeigers» hat ergeben, dass die Flughafen Zürich AG Politikerinnen und Politiker umgarnt und mit Finanzspritzen unterstützt. So habe etwa die Zürcher EVP im letzten Jahr 20'000 Franken erhalten.

Für dieses Jahr habe der Flughafen 40'000 Franken versprochen. Insgesamt würde die EVP damit 5000 Franken pro Kantonsratsmitglied erhalten.  Laut Jahresbericht der Kleinpartei erhält diese rund 150'000 Franken Spenden und Legate pro Jahr.

In diesem Jahr steht der Flughafen in Kloten im Fokus einer wichtigen Abstimmung: Der Kantonsrat stimmt im Sommer oder Herbst über die Pistenverlängerungen ab. Der Regierungsrat beantragt ein Ja, das Vorhaben ist aber vor allem bei linken Parteien umstritten, weshalb noch unklar ist, wie der Kantonsrat entscheidet.

Will der Flughafen mit den Spenden die Abstimmung lenken?

Laut EVP-Parteipräsident Hanspeter Hugentobler und Fraktionschef Markus Schaaf sei das Geld nicht daran geknüpft gewesen, bei der Abstimmung Ja zu stimmen. «Es wurde uns gesagt, der Flughafen wolle mit solchen Beiträgen das Milizsystem stärken», so Hugentobler gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Die EVP hat die Spenden von 20022 mittlerweile wieder zurückgezahlt – und die des laufenden Jahres abgelehnt.«Wir kamen zum Schluss, dass wir weiterhin eine glaubwürdige und unabhängige Politik machen wollen», so Hugentobler.

Warum hatte die Partei die Finanzhilfe überhaupt angenommen? Sie hätten nicht darauf verzichten wollen – die anderen Parteien hätten die Spende ja auch erhalten.

Parteispenden sind eine «langjährige Praxis»

Was sagt die Flughafen Zürich AG dazu? «Wir unterstützen Parteien, die sich zu einer wettbewerbsfähigen Schweizer Luftfahrt und Flughafeninfrastruktur bekennen – im Wahljahr, wie 2023 eines ist, mit Zusatzbeträgen», sagt Flughafensprecherin Bettina Kunz.

Die Spenden hätten aber nichts mit der Abstimmung um die Pistenverlängerung zu tun. Es handle sich dabei um eine «langjährige Praxis», wie die Firma erklärt.

Ausserdem habe die EVP um die finanzielle Unterstützung gefragt. Dem widerspricht Hanspeter Hugentobler. Die Flughafen Zürich AG habe in einem Gespräch auf mögliche Parteispenden aufmerksam gemacht.

Auch FDP erhielt Spenden vom Flughafen

Nicht nur die EVP, auch die FDP erhielt Geld, bestätigte Parteipräsident Hans-Jakob Boesch dem «Tages-Anzeiger». Wie viel, möchte er nicht sagen.

Wäre mit dem gleichen Betrag pro Fraktionsmitglied zu rechnen wie bei der EVP, – 5000 Franken – würde die FDP mit 150'000 Franken vom Flughafen unterstützt. Wie viele Spenden die FDP pro Jahr erhält, ist auch unklar. Die Partei publiziert keine Jahresberichte.

SVP sagt nichts, Linke sind empört

Die SVP möchte nicht sagen, ob sie vom Flughafen Spendengelder bekommt. Bei den Fraktionschefs der linken Parteien und der GLP wisse niemand etwas von Parteispenden.

SP-Kantonsrätin Rosmarie Joss zeigt sich jedoch empört über die Praxis der Firma: «Das ist hochgradig unsauber und total daneben», sagt sie. Die hohen Beiträge könnten die Abstimmung um die Pistenverlängerung beeinflussen.

Rolle der FDP laut GLP problematisch

Auch GLP-Co-Präsident Nicola Forster findet die Praxis problematisch. Er kritisiert, dass die Spenden so nahe an der Abstimmung ausgezahlt werden. Ausserdem findet er die Rolle der FDP problematisch, da diese im Verwaltungsrat des Flughafens mehrfach vertreten ist – unter anderem mit Regierungsrätin Carmen Walker Späh und bald noch mit der aktuellen Fraktionschefin Beatrix Frey.

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SVP-Präsident Domenik Ledergerber findet die Spenden der Flughafen Zürich AG unproblematisch. Das Schweizer Milizsystem funktioniere so und sei darüber hinaus ein Erfolgsmodell.

SP-Kantonsrätin Rosmarie Joss fordert nun Massnahmen. Sie hat eine Initiative eingereicht, welche die Parteifinanzierung im Kanton Zürich transparenter machen soll.

(gin)

veröffentlicht: 26. April 2023 16:45
aktualisiert: 26. April 2023 18:53
Quelle: ZüriToday

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