«Der Anblick ist ehrlich gesagt beschissen, es nervt langsam!», sagt eine Anwohnerin beim Augenschein vor Ort. Eine andere Nachbarin sagt: «Die Baustelle ist schon ewig, ich weiss nicht mal, was da entstehen soll.» Gemeint ist die Baustelle an der Waldhofstrasse Ecke Zürcherstrasse in Winterthur.
Eine Online-Recherche zeigt, schon 2014 war klar, dass auf dem Areal der ehemaligen Erb-Gruppe gebaut werden soll. Auf Aufnahmen von Google Maps aus dem Jahr 2014 sind Bauvisiere zu erkennen. Wie lange sich die Bauarbeiten hinziehen, zeigen Fotos aus dem Jahr 2019 und aktuelle Aufnahmen. Im Jahr 2019 ist einen Baukran zu sehen und dass das Gebäude eingerüstet wurde. Und auch jetzt, im Januar 2023, ist die Baustelle noch im Rohbau.
Erste Baubewilligung im Jahr 2015
Aber von Beginn weg. Im November 2014 stellt der Winterthurer Stadtrat das Gebäude unter Schutz. «Das in Etappen entstandene Werkstattensemble Waldhofstrasse 4, Zürcherstrasse 42-44 steht für das vor dem Zweiten Weltkrieg erst zaghaft, nach 1950 sprunghaft steigende Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende Entwicklung der Autoindustrie.» schreibt die Denkmalpflege gemäss Winterthur Glossar dazu. Der Gebäudekomplex gehörte zur bekannten Erb-Gruppe. Der Konkurs des Familienunternehmens im Sommer 2003 ging als eine der grössten Firmenpleiten der Schweiz in die Geschichte ein.
Die erste Baubewilligung wurde gemäss der Stadt Winterthur im Februar 2015 erteilt, rund anderthalb Jahre später wurde eine Projektänderung bewilligt. Eine weitere Projektänderung gab es im Mai 2019. «Wir haben im Laufe der Zeit Optimierungen bei der Statik, bei
Brandschutzthemen im geschützten
Teil und der Barrierefreiheit im Treppenhaus
vorgenommen», schreibt der Geschäftsführer der Baufirma Albanese dazu.
Baustopp und andere Verzögerungen
«Während der Bauausführung stellte das Baupolizeiamt fest, dass von den bewilligten Plänen abgewichen wurde. Dies führte zu einer behördlichen Verfügung mit entsprechendem Rechtsmittel», schreibt das Bauamt der Stadt Winterthur auf Anfrage. In anderen Worten, es wurde ein Baustopp verfügt. Unter anderem wurden Arbeiten ohne Bewilligung ausgeführt und weil es sich beim Gebäude um ein kommunales Schutzobjekt handelt, ist die Denkmalpflege involviert. Die Baufirma bestreitet unbewilligte Arbeiten. In einer Stellungnahme schreibt sie: «Die Arbeiten, die im Gebäude vorgenommen wurden, sind alle
rechtskräftig bewilligt.»
Der letzte Bauentscheid ist am 19.01.2022 datiert, dieser ist rechtskräftig. Es könnte also gebaut werden. Die Anwohnerin sagt dazu: «Vereinzelt habe ich Bauarbeiter im Gebäude gesehen.» Auf Anfrage von ZüriToday bedauert die Baufirma die Auswirkungen auf die Anwohner. «Wir setzen uns von Anfang an aus Eigeninteresse dafür ein, das Bauprojekt möglichst bald abzuschliessen» und «Es gab Verzögerungen einerseits durch Einsprachen der Nachbarschaft, aber auch durch die Komplexität eines Gebäudes, das geschützt ist.»
Deadline der Baupolizei
Auch das Bauamt der Stadt Winterthur hat die Baustelle im Auge. Auf die Aussagen der Anwohnerin angesprochen, schreibt der Sprecher. «Es ist dem Baupolizeiamt völlig klar, dass dies für die Nachbarschaften ein schwieriger Zustand ist und viel zugemutet wird.» Die Stadt Winterthur hofft, gemäss Auskunft des Sprechers, dass die bewilligten Arbeiten umgesetzt werden und die Stadt setzt eine Deadline. «Sollte hier keine wesentliche Bautätigkeit 2023 erkennbar sein, werden die weiteren Schritte geprüft.»
Der Geschäftsführer der Gebrüder Albanese AG, Dino Albanese, erklärt die lange Baudauer so: «Wir mussten das ganze Bauprojekt überprüfen. Dies führte dazu, dass wir nach diesem Unterbruch nahezu sämtliche Arbeiten neu vergeben mussten. Zudem bestehen sehr lange Lieferfristen für einzelne Bauteile» und ergänzt, «gemäss aktuellem Planungsstand sollten die Wohnungen im dritten Quartal 2023 bezugsbereit sein.»