Die Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen, AL und Mitte/EVP unterstützen grundsätzlich einen Mindestlohn. Dieser stelle eine sinnvolle sozialpolitische Massnahme dar, heisst es in einer Medienmitteilung vom Donnerstag.
Es liesse sich so die Situation von Arbeitnehmenden in Tieflohnbranchen und von «Working Poor» verbessern, ohne dass negative Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft zu erwarten wären, begründet die Mehrheit ihre Haltung.
FDP, GLP und SVP gegen Mindestlohn
Die Kommissionsminderheit – bestehend aus FDP, GLP und SVP – lehnt «den regulatorischen Eingriff in den Arbeitsmarkt» hingegen ab. Ein kommunaler Mindestlohn sei «kein geeignetes Instrument zur Armutsbekämpfung».
Die Mitte-Links-Mehrheit kann im Gemeinderat, der insgesamt 125 Mitglieder umfasst, auf 72 Stimmen zählen. FDP, GLP und SVP stellen hingegen nur 53 Vertreterinnen und Vertreter.
Die im November 2020 eingereichte Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben» stammt von Gewerkschaften, Hilfswerken und linken Parteien. Sie fordert einen Brutto-Stundenlohn von mindestens 23 Franken «für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche auf dem Gebiet der Stadt Zürich eine Beschäftigung verrichten».
Nicht für Junge ohne Berufsabschluss
Der Stadtrat stufte dieses Anliegen als berechtigt ein. Mindestlöhne würden die Einkommen von Tieflohnbeschäftigten erhöhen, hielt er in seinem Antrag an den Gemeinderat fest. Der Stadtrat legt der Initiative aber einen Gegenvorschlag vor.
Dieser trägt einerseits gewissen rechtlichen Bedenken Rechnung. Andererseits will der Stadtrat die sozialpolitische Ausrichtung der Vorlage verstärken. So sollen Unter-25-Jährige, die über keinen Berufsabschluss verfügen, vom Mindestlohn ausgenommen werden.
Damit soll verhindert werden, dass Aushilfsjobs durch einen Mindestlohn für junge Erwachsene attraktiver werden könnten als eine Berufsausbildung.
Wegen Inflation bereits angehoben
Die Gemeinderatskommission spricht sich ebenfalls für diesen Gegenvorschlag aus. Sie beantragt aber noch weitere Anpassungen. So soll etwa für Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, für die Einführung des Mindestlohns eine Übergangsfrist von zwei Jahren gelten.
Zudem soll der Mindestlohn, dessen Höhe der Stadtrat später jährlich überprüfen und anpassen soll, inflationsbereinigt bereits auf 23.90 Franken angehoben werden.
Initiative wird zurückgezogen
Das Initiativkomitee will die Initiative nun zurückziehen, um damit den Weg freizumachen für den Gegenvorschlag, wie dieses mitteilte. «Die Kompromisse im Gegenvorschlag sind inhaltlich schmerzlich. Gleichzeitig ermöglichen sie die Einführung eines breiter abgestützten Mindestlohns», wird Lorenz Keller, Präsident des kantonalen Gewerkschaftsbunds zitiert. Sagt der Gemeinderat Ja, könnte der Gegenvorschlag ohne Volksabstimmung in Kraft treten.
Mindestlohn-Initiativen wurden auch andernorts im Kanton Zürich eingereicht. Die Stimmberechtigten in der Stadt Kloten lehnten «Ein Lohn zum Leben» im November 2021 jedoch mit einem Nein-Stimmenanteil von 52 Prozent knapp ab. In Winterthur ist der 23-Franken-Mindestlohn im Parlament pendent. Dort beantragt der Stadtrat in einem Gegenvorschlag einen Mindestlohn von 21.60 Franken. (sda/jaw)
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