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Zürcher Parlamentarier kämpfen täglich gegen Hass und Sexismus

Politik

Zürcher Parlamentarier kämpfen täglich gegen Hass und Sexismus

08.05.2023, 13:58 Uhr
· Online seit 08.05.2023, 13:55 Uhr
Zahlreiche Politikerinnen und Politiker im Zürcher Gemeinde- und Kantonsrat geben an, schon einmal mit Hass im Internet konfrontiert gewesen zu sein. Von Exkrementen im Briefkasten bis zu versprayten Fassaden und Morddrohungen ist alles dabei.
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Für 180 Parlamentarierinnen und Parlamentarier beginnt im Zürcher Kantonsrat am 8. Mai eine neue Legislatur. Viele von ihnen hatten bereits in der Vergangenheit mit Hass und Anfeindungen zu kämpfen. Rassistische und sexistische Beleidigungen sind auch der Grund, warum die Winterthurerin Sarah Akanji (SP) nicht für eine zweite Amtszeit kandidierte. Ihre Nicht-Kandidatur gab sie bereits im September bekannt.

Brief, Telefon – Hass auf allen Kanälen

Wie eine Umfrage der «NZZ» zeigt, ist Akanji kein Einzelfall. Auch Markus Knauss (Grüne) sagt, dass er seit zwanzig Jahren Angriffe und Beleidigungen erfahre. Der Hass komme über alle Kanäle. «Ich erhalte E-Mails, Briefe und Telefonanrufe», sagt er gegenüber der Zeitung.

Weiter komme es im Quartier immer weder zu Sprayereien, die gegen ihn schiessen. An einer Fassade stehe zum Beispiel ‹Knauss du Hueresohn›, erzählt er. Die Anfeindungen nähmen immer wieder zu, wenn er sich zu einem Thema äussere.

«Kürzlich habe ich mich zu den Velovorzugsrouten geäussert, und kurz darauf klingelte mein Telefon. Ein Mann hat mich beschimpft, weil er an der Baslerstrasse im Stau stand und mich dafür verantwortlich gemacht hat», so Knauss. Er habe auch schon Anzeige erstattet, als der Grüne-Politiker eine Morddrohung in seinem Mail-Postfach fand. «Das ging mir zu weit», sagt er.

Statt Politik wird Religion zum Thema gemacht

Die FDP-Frau Sonja Rueff-Frenkel stört es vor allem, «dass Frauen von den Medien oft anders beurteilt werden als Männer». Damit meint sie eine Berichterstattung, die sich, statt um ihre politischen Leistungen, um ihre Religion und ihren Mann drehte.

Nach dem Portrait habe sie viel Solidarität aber auch Hass erfahren. Besonders dann, wenn sie sich gegen Antisemitismus gewehrt habe. Dann hiess es «Ihr Juden macht immer auf Mitleid», sagt sie gegenüber «NZZ».

Von links bis rechts

Ein SVP-Politiker sagte, er habe schon Drohmails gegen seine Tochter erhalten und seinen Briefkasten, gefüllt mit Tierexkrementen vorgefunden.

Dass Politikerinnen und Politiker es teils niemandem recht machen können, zeigt auch die Aussage eines FDP-Politikers: «Von rechts erlebe ich Anfeindung wegen meiner Herkunft, von links erlebe ich Anfeindung wegen meiner politischen Haltung», zitiert die Zeitung.

Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, bereits Erfahrungen mit Anfeindungen im Internet gemacht zu haben. Die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt dazu aber, dass die Umfrage nicht repräsentativ sei, da die Auswahl der Teilnehmenden nicht per Zufall erfolgte.

Mit dem Gewehr beim Podium

Im realen Leben scheinen die bösen Stimmen etwas weniger laut als online. 59 Prozent der Befragten bestätigen Anfeindungen im realen Leben. Ziemlich real war für Michèle Dünki-Bättig von der SP eine Drohung ihr gegenüber.

Im Publikum ihres ersten Podiums habe ein Mann mit einem Gewehr gesessen und ihr, als sie den Saal verlassen wollte, gedroht, dass sie aufpassen solle. Er könne mit dem Gewehr weit schiessen.

Auch Sexismus erlebe sie oft, relativiert aber die eigenen Erfahrungen. Sie sagt, im Vergleich dazu, was andere Kolleginnen erleben, sei das, was sie erlebe, harmlos. «Zum Beispiel hat noch nie jemand damit gedroht, mich zu vergewaltigen – etwas, was andere Frauen in meiner Partei regelmässig zu hören bekommen», erzählt sie der «NZZ».

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(roa)

veröffentlicht: 8. Mai 2023 13:55
aktualisiert: 8. Mai 2023 13:58
Quelle: ZüriToday

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