Polizei und Organisation ziehen Bilanz

«Wir waren sehr viele glückliche queere Menschen» – Zurich Pride 2023

· Online seit 20.06.2023, 09:19 Uhr
Die Pride 2023 ist Geschichte – und was für eine: 55'000 queere Menschen und ihre «Allys» tanzten am Samstag durch die Strassen von Zürich und knackten den Besuchendenrekord. Kam es dabei zu homo- oder transphoben Angriffen? Die Bilanz von Zurich Pride und der Polizei.

Quelle: Highlights der Zürich Pride vom 17. Juni 2023 / CH Media Video Unit / Linus Bauer

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Seit 2020 macht man sich in der Schweiz strafbar, wenn man LGBTIQ-Personen diskriminiert. Doch noch immer werden Menschen aus der queeren Community angegriffen. Vergangenes Jahr störten Neonazis eine Vorlesestunde von Drag-Künstlern für Kinder und im Februar wurden fünf Dragqueens am Zürcher Hauptbahnhof von drei Männern beleidigt und tätlich angegriffen. Laut dem Hate-Crime-Bericht der Dachorganisationen Pink Cross, der Lesbenorganisation LOS und des Transgender Network Schweiz erreichten Hate Crimes gegenüber queeren Personen 2022 einen neuen Höchststand.

Lief an der Pride 2023 alles rosig – beziehungsweise regenbogenfarben – oder kam es auch zu solchen Vorfällen? ZüriToday hat bei Alexander Wenger, dem Co-Präsidenten des Vereins Zurich Pride Festival, nachgefragt.

Strenggläubiger Christ wurde weggeschickt

«Die Pride war sehr friedlich», sagt Wenger. «Wir waren sehr viele glückliche queere Menschen.» Gewalt-Vorfälle sind Wenger nicht bekannt. Nur zwei kleinere Episoden kommen ihm in den Sinn: «Ein strenggläubiger Christ wollte Menschen mit Bibeltexten bekehren. Ein anderer ist mit einem Jesus-Schild herumgelaufen», so Wenger.

Er betont, dass es an einem Event wie der Pride nicht unbedingt zu Angriffen oder Diskriminierung komme. «Die queere Community ist sehr sensibel. Man schaut aufeinander», erklärt Wenger. Dementsprechend sei der strenggläubige Christ nicht wohlwollend begrüsst, sondern von den Besuchenden vom Gelände weggeschickt worden.

Das Problem ist der Nachhauseweg

Wenger sieht die Probleme an einem anderen Ort: 55'000 Menschen müssen zur Pride hin- und wieder zurück nachhause fahren. «Das ist der kritische Teil», erklärt er. «Die Besucher:innen sitzen im Zug nach Hause, mit ihrer Regenbogen-Schminke und ihren Regenbogen-Fahnen.» So könne es zu Anfeindungen kommen: «Dann werden queere Menschen transphob oder homophob beleidigt», sagt Wenger.

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Keine Anzeigen bei der Stadtpolizei Zürich

Bei der LGBTIQ-Helpline seien bislang keine besorgniserregenden Meldungen eingegangen, heisst es auf Anfrage von ZüriToday.

Auch die Stadtpolizei Zürich zieht eine positive Bilanz. «Im Zusammenhang mit der Pride sind uns bis jetzt keine trans- oder homophoben Angriffe bekannt beziehungsweise keine entsprechenden Anzeigen eingegangen», schreibt Sprecher Pascal Siegenthaler.

Laut Siegenthaler hat die Polizei im Vorhinein allfällige Störaktionen unterbunden. Etwa ein Dutzend Personen seien kontrolliert und weggewiesen worden. Genauere Details könne er jedoch nicht geben.

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Litter statt Glitter: Abfallproblem bei der Pride

Mit «Don't litter, make the world glitter» hatte die Pride den Plan, «grüner» zu werden. Auf Instagram wiesen die Veranstaltenden im Vorfeld daraufhin, den Abfall in die (richtige) Tonne zu werfen. Gabs denn jetzt nur Glitter und kein Litter? «Das ist so eine Sache», sagt Alexander Wenger. Den Tag über sei es recht sauber gewesen. «Sobald es dunkel wurde, warfen die Leute Abfall auf den Boden.»

Etwas, das Wenger keine Freude bereitet: «Ich hätte mir gewünscht, dass die Leute mehr Wertschätzung gezeigt und das Gelände sauber hinterlassen hätten.» Auch ein anderer Punkt bemängelt Wenger: «Wir hatten zu wenige Toiletten». Die Leute seien Schlange gestanden, trotz vieler Toiletten. Das müsse nächstes Jahr besser sein.

Viele positive Meldungen zur Pride

55'000 Menschen an einem Nachmittag. Konnte Zürich die Menge stemmen? «Wir waren noch nie so viele Menschen an der Demonstration», freut sich Wenger. Das anschliessende Festival fand dieses Jahr erstmals auf dem ganzen Kasernenareal statt. Zum Glück. «Das Kasernenareal war doppelt so gross, dank der neuen Wiese», so Wenger. «Hätten wir sie nicht gehabt, wäre es schwierig gewesen mit all den Menschen.»

Alexander Wenger und der Verein Zurich Pride Festival ziehen eine positive Bilanz. «Wir sind sehr zufrieden. Das ganze Team ist glücklich und wir haben über Social Media, per Mail und privat viele positive Meldungen erhalten», sagt Wenger und bestätigt damit, was die zahlreichen Bilder zeigen: Zürich war während zweier Tage ein einziger riesiger, queerer Regenbogen.

veröffentlicht: 20. Juni 2023 09:19
aktualisiert: 20. Juni 2023 09:19
Quelle: ZüriToday

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