Quelle: Erster Prozesstag in Winterthur, 9.1.2024 / Tele-Züri
Zusätzlich zur Freiheitsstrafe sprach das Gericht am Donnerstag bei der Urteilseröffnung einen 15-jährigen Landesverweis aus. Hinzu kommen Genugtuungsforderungen verschiedener Angehöriger des Opfers. Insgesamt geht es um über 300'000 Franken.
Für das Gericht handelte es sich bei der Tat, die sich im Februar 2021 in einer Wohnung in Winterthur ereignete, um «eine eigentliche Hinrichtung», die ganz klar als Mord zu qualifizieren sei. Der Beschuldigte habe eine unglaubliche Kaltblütigkeit an den Tag gelegt und sich als Herrscher über Leben und Tod aufgespielt.
Opa setzte im Prozess auf Notwehr
Die vom 79-jährigen Grossvater geltend gemachte Notwehrsituation sah das Gericht als widerlegt an. Der Angeklagte hatte behauptet, er habe auf die Frau geschossen, weil sie ihn mit einem grossen Messer angegriffen habe.
Das Gericht hielt dies aufgrund des Schusswaffengutachtens für unrealistisch. Der Angeklagte habe auf sein Opfer geschossen, als dieses auf dem Sofa sass.
Obwohl das Gericht keine lebenslängliche Freiheitsstrafe aussprach, dürfte es für den Verurteilten aufgrund seines fortgeschrittenen Alters darauf hinauslaufen. «Für das Gericht gibt es keinen Grund, auf Ihren Gesundheitszustand oder Ihr Alter Rücksicht zu nehmen», sagte der Richter in der Begründung des Urteils. Man habe ihn nur deshalb nicht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
Mit Revolver in die Schweiz eingereist
Der Rentner war am 13. Februar 2021 mit einem Revolver in die Schweiz eingereist. Drei Tage später suchte er die Frau unangemeldet in ihrer Wohnung in Winterthur auf. Nachdem sie ihm einen Kaffee serviert hatte, schloss er die Tür ab, griff zur Waffe und erschoss sie mit sechs gezielten Schüssen. Die 19 Monate alte Urenkelin des Mannes war bei der Tat anwesend.
Das Opfer und der Enkel des Angeklagten waren seit Ende 2007 verheiratet. Im Jahr 2020 reiste die Frau ohne Einverständnis ihrer Familie von Serbien in die Schweiz, liess sich in Winterthur nieder und reichte die Scheidung ein.
Die Staatsanwaltschaft forderte im Prozess eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Der Mann habe die Frau seines Enkels buchstäblich aus dem Weg räumen wollen, weil sie sich nicht seinen Wertvorstellungen entsprechend verhalten und damit in seinen Augen die Familienehre beschmutzt habe.
Der Verteidiger plädierte auf einen Freispruch. Sein Mandant sei lediglich wegen Verstosses gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe zu verurteilen.
Der Entscheid des Bezirksgerichts Winterthur ist noch nicht rechtskräftig. Er kann an das Zürcher Obergericht weitergezogen werden.
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(sda/hap)