Ergänzungsleistungen

In Winterthur müssen Betroffene monatelang auf das Geld warten

· Online seit 26.07.2023, 11:33 Uhr
Wer knapp bei Kasse ist, und auf Ergänzungsleistungen angewiesen, hat es die Tage nicht leicht. Bis zu drei Monaten warten Betroffene in der Stadt Winterthur auf ihre Ergänzungsleistungen – und kommen damit in Zahlungsnot bei der Krankenkasse.
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Jahrelang war der Winterthurer Jean-Pierre Wollenschläger in verschiedenen grossen Unternehmen und zudem in der Verwaltung in Kaderpositionen tätig. Mitte 50 liess er sich scheiden und verlor nach einer Lebenskrise die Spur, wie er dem «Landboten» erzählt.

Er war energielos und habe auf dem Höhepunkt seiner Karriere gekündigt. Der 64-Jährige lebt seit seiner Frühpensionierung im letzten Herbst von einer kleinen AHV und Ergänzungsleistungen. Die BVG-Rente hatte er schon als junger Familienvater für ein Reihenhaus ausgegeben und später in eine Einzelfirma investiert.

In Armut leben muss Wollenschläger jedoch nicht und sagt gegenüber der Zeitung: «Ich muss zwar auf jeden Franken schauen, aber dank Ergänzungsleistungen geht es».

Wartefrist von bis zu drei Monaten

Als Diabetiker hat der Frührentner oft hohe Rechnungen von mehreren Hundert Franken. Diese kommen von der Krankenkasse, für Selbstbehalt und Franchise. Er reicht sie immer erst dem Amt für Zusatzleistungen ein, das sie kontrolliert und ihm dann vergütet. So bezahle er dann die offenen Rechnungen.

Nun klappt dieses System seit einiger Zeit nicht mehr. Statt bloss einem muss er bis zu drei Monate lang auf das Geld warten. «Es ist demütigend, wenn man deshalb bei der Krankenkasse um einen Mahnstopp betteln muss», sagt Wollenschläger zum «Landboten».

Auch Pro Infirmis kennt das Problem

Mit diesem Problem ist Wollschläger nicht der einzige. Auch Pro Infirmis kennt die Verzögerungen in Winterthur. Sozialarbeiterinnen und -arbeiter meldeten diese regelmässig. «Rechtlich kann man kaum etwas machen», sagt Rahel Weil von der kantonalen Geschäftsstelle.

In einer Weisung wurde beim kantonalen Sozialamt festgehalten, die Rückerstattungen seien «monatlich, mindestens jedoch vierteljährlich» auszurichten. Und damit liegt die Stadt noch im Rahmen. Doris Egloff, Leiterin Soziale Dienste der Stadt Winterthur bestätigt, dass es aktuell länger dauern würde als früher, bis Krankheits- und Behinderungskosten zurückerstattet seien.

Stellen sind wieder besetzt

Der Grund liegt im derzeitigen Personalmangel. Viele Stellen seien unbesetzt. Sie sei sich bewusst, dass dies ein Problem für Personen mit knappem Budget darstelle. Rechnungen können dadurch nicht fristgerecht bezahlt werden.

Jedoch gibt es offenbar Licht am Ende des Tunnels für die Betroffenen: Die vakanten Stellen seien mittlerweile besetzt und bis Ende Jahr sollten die Auszahlungen wieder monatlich erfolgen, so die Leiterin Soziale Dienste.

(nib)

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veröffentlicht: 26. Juli 2023 11:33
aktualisiert: 26. Juli 2023 11:33
Quelle: ZüriToday

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