Stiller Protest

SVP-Nationalrat Benjamin Fischer liest keine Post mit Genderstern

· Online seit 26.06.2023, 13:52 Uhr
E-Mails und Briefe mit Genderzeichen schickt der Zürcher SVP-Nationalrat direkt zurück an den Absender. Die Zeichen störten beim Lesen, findet er. Die grüne Gemeinderätin Anna-Béatrice Schmaltz wertet Respekt hingegen höher als Leserlichkeit.
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Ob Sternchen, Doppelpunkte oder Gender-Gap – tauchen solche und andere geschlechtergerechte Schreibweisen in seiner Post auf, löscht es Benjamin Fischer ab. «Mails und Briefe mit solchen Zeichen schicke ich jeweils gleich zurück an den Absender», verrät der Zürcher SVP-Nationalrat im Gespräch mit ZüriToday.

Jede Person könne schreiben, wie sie wolle, erklärt Fischer. «Aber es kann nicht jeder Absender davon ausgehen, dass solche Texte vom Empfänger auch gerne gelesen werden.» Zudem hätten Menschen mit einer Leseschwäche Mühe, Buchstaben «mit solchen Verzierungen» zu entziffern, behauptet er.

«Genus ist nicht gleich Sexus»

Das Ignorieren solcher Post bedeutet für Fischer aber nicht, dass er ein sturer Verfechter der männlichen Form ist. Die Doppelnennung sei eine Möglichkeit, müsse aber nicht immer sein, sagt er. «Es ist häufig auch umständlich und passt nicht immer.» Seiner Meinung nach ist auch das generische Maskulinum nach wie vor in Ordnung. «Genus ist nicht gleich Sexus!»

Laut Fischer sind weder die Doppelnennung noch das generische Maskulinum diskriminierend. «Beide Formen schliessen alle Menschen ein.»

Abstimmung über Genderstern

Mit den Sonderzeichen kämpfen auch viele Zürcherinnen und Zürcher. In einer aktuellen Umfrage zieht nur ein Fünftel den Stern, den Gender-Doppelpunkt oder andere Formen mit typografischen Zeichen vor. Die Hälfte spricht sich für die Doppelform aus.

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Der Zürcher Stadtrat führte per 1. Juni den Genderstern in der Stadtverwaltung ein. Ob die Stadtverwaltung diese Sonderzeichen weiterhin benutzen darf, wird die Stadtzürcher Bevölkerung entscheiden. Kürzlich reichte ein von der SVP angeführtes überparteiliches Komitee die Initiative «Tschüss Genderstern!» mit 3100 gültigen Unterschriften ein.

Stadt habe eine spezifische Verantwortung

Die grüne Zürcher Gemeinderätin Anna-Béatrice Schmaltz erachtet den städtischen Genderstern als wichtig. Jede Person könne den Umgang mit der eigenen Post selber entscheiden, sagt sie angesprochen auf Benjamin Fischers Vorgehen. «Problematisch ist aber, wenn auf dem Rücken von marginalisierten Menschen Wahlkampf gemacht wird.»

Schmaltz findet es «auch in Ordnung», wenn einige Menschen den Genderstern noch als störend empfinden. «Ich bin jedoch der Meinung, dass der Respekt und die Akzeptanz gegenüber Menschen, die immer wieder Diskriminierung erfahren, höher gewichtet werden sollte als die Leserlichkeit. Die Stadt hat hier eine spezifische Verantwortung und sollte alle Menschen ansprechen.»

veröffentlicht: 26. Juni 2023 13:52
aktualisiert: 26. Juni 2023 13:52
Quelle: ZüriToday

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