«Diskriminierend»

Rassismuskommission rügt Zürcher Regierung wegen Alba-Festival-Absage

29.06.2022, 22:25 Uhr
· Online seit 29.06.2022, 08:06 Uhr
Der kurzfristige Entzug der Bewilligung für das Alba-Festival 2021 sei diskriminierend, urteilt die Kommission gegen Rassismus. Die Zürcher Regierung verweist auf ihr damaliges «Dilemma».

Quelle: TeleZüri

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Letzten September hätte es zum zweiten Mal stattfinden sollen: das Alba-Festival. Das laut eigenen Angaben «grösste albanische Festival» hätte albanische Kultur und Musik ein Wochenende lang auf der Hardturmbrache in Zürich gefeiert. Hätte. Denn dazu kam es nie.

Impfquote bei «betroffener» Gemeinschaft zu tief

Zwei Tage vor der Eröffnung entzog der Zürcher Regierungsrat der Veranstaltung die Bewilligung. Grund: Die Lage sei aufgrund des Coronavirus besorgniserregend und man wolle eine zusätzliche Belastung der Spitäler vermeiden. Zudem richte sich das albanische Musikfestival an eine stark betroffene Gemeinschaft, deren Impfquote zu tief sei, als dass man eine solche Grossveranstaltung verantworten könne. Das schrieb der Regierungsrat in einer Medienmitteilung.

Die Kritik folgte zugleich. Politikerinnen und Politiker sprachen von einem Stigma der Albaner in der Schweiz. Die damalige Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr (SP) entschuldigte sich daraufhin öffentlich für die kurzfristige Absage und kündigte eine unabhängige Untersuchung des Diskriminierungs-Aspekts durch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) an. Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen nun vor. Dies berichten der «Tages-Anzeiger» und die «Neue Zürcher Zeitung».

Kommission: «Kein sachlicher Grund» für Absage

In ihrer Beurteilung schreibt die Kommission laut dem Tagi, die öffentliche Begründung der Absage sei zu Recht als diskriminierend empfunden worden. Denn an der Veranstaltung hätte die 3G-Regel gegolten, das Publikum des Festivals wäre also entweder geimpft, genesen oder negativ getestet gewesen.

Deshalb, so die Kommission, habe es «keinen sachlichen Grund» gegeben, die Absage mit dem hohen Infektionsgeschehen innerhalb der Bevölkerungsgruppe mit Bezug zum Balkan zu begründen.

Gefahr, dass Sündenböcke gesucht werden

Der Verweis der Zürcher Regierung «auf das hohe Infektionsgeschehen und die darum vermutete tiefe Impfquote» unter Personen mit Bezug zum Balkan konnte laut der Kommission den Eindruck erwecken, dass diese für die schwierige epidemiologische Lage pauschal verantwortlich seien.

«Gerade während einer Pandemie besteht die Gefahr, dass Sündenböcke gesucht werden», schreibt die Kommission. Deshalb müssten die Behörden in diesem Kontext besonders darauf achten, mit ihrer Kommunikation der Stigmatisierung einer Bevölkerungsgruppe nicht Vorschub zu leisten.

Fehr spricht von einem «Dilemma»

Jacqueline Fehr hielt in einem Antwortschreiben zur Einschätzung der Rassismuskommission fest, dass sie sich der potenziell diskriminierenden Ungleichbehandlung jederzeit bewusst gewesen sei. Sie habe sich aber in einem Dilemma befunden: das Nichtdiskriminierungsgebot auf der einen, die Fürsorgepflicht gegenüber der Bevölkerung auf der anderen Seite.

(lol)

veröffentlicht: 29. Juni 2022 08:06
aktualisiert: 29. Juni 2022 22:25
Quelle: ZüriToday

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