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Die Kältepatrouille der Stadt streift bis spät in die Nacht durch Zürich

Lange Nächte

Die Kältepatrouille der Stadt streift bis spät in die Nacht durch Zürich

29.01.2023, 07:13 Uhr
· Online seit 29.01.2023, 07:09 Uhr
Hilfsangebote für Obdachlose haben zurzeit besonders viel zu tun. Nachdem das Wetter Anfang Januar fast schon frühlingshaft daher kam, ist es seit Mitte Januar merklich kälter. Die tiefen Temperaturen gepaart mit Wind sind besonders für die Vulnerabelsten unserer Gesellschaft ein Problem.

Quelle: Archivbeitrag: 20-Jahre-Jubiläum «Pfuusbus» / ZüriToday

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Seit wenigen Wochen sind sie täglich bis spät in die Nacht unterwegs: Die Mitarbeitenden von «sip züri» auf Kältepatrouille haben in der aktuellen Kältewelle deutlich mehr zu tun als zu Beginn des Winters. Denn die klirrende Kälte trifft Menschen, welche keinen festen Wohnsitz haben und normalerweise draussen schlafen, besonders hart.

Rebecca Fröhlicher, Teamleiterin bei «sip züri» ist regelmässig auf der Kältepatrouille mit dabei. Die Arbeit der Patrouille beginnt jeweils um 17 Uhr. Bei der Einsatzbesprechung macht die Kältepatrouille einen Plan. Die Mitarbeitenden kennen die meisten Menschen, welche in Zürich vorziehen auch im Winter im Freien zu schlafen, persönlich. «Wir unterhalten uns darüber, wer vielleicht gerade nicht so zwäg ist oder einen Besuch braucht. Und wer vielleicht auch ein, zwei Tage keinen Besuch von uns hatte», sagt Rebecca Fröhlicher. Das Team macht sich auch Gedanken dazu, wer an einer besonders exponierten Stelle schläft oder gerade besonders vulnerabel ist.

In Zürich nutzen Obdachlose knapp 100 Schlafplätze im Freien

Dann geht die Kältepatrouille los. Sie suchen die Personen an 90-100 Plätzen auf, welche immer wieder bewohnt sind. Insgesamt sind es rund zwei bis drei Dutzend Personen, die immer im Freien schlafen. «Die wollen auch nichts anderes und sind relativ gut ausgerüstet», so Fröhlicher. «Diese erhalten aber natürlich das ganze Jahr über immer mal wieder einen Besuch und nicht nur wenn es kalt ist. Im Winter halt ein wenig öfter, wenn die Temperaturen auf den Gefrierpunkt fallen.»

«Dann gehen wir bei den Leuten vorbei und sprechen sie an.» Manchmal gebe es ein Alltagsgespräch, manchmal hätten die Menschen auch konkrete Fragen. Regelmässig würden auch Personen aus der Bevölkerung anrufen, weil sie jemanden beobachten und sich Sorgen machen. Wenn jemand nicht mehr im Freien schlafen kann oder will, dann kümmert sich die Kältepatrouille von «sip züri» um eine Übernachtungsmöglichkeit.

Im Winter kümmert sich die Kältepatrouille so um alle obdachlosen Menschen, egal ob diese in der Stadt Zürich angemeldet sind oder nicht. Mit der obdachlosen Person wird anschliessend am nächsten Morgen nach einer allfälligen Lösung für weitere Nächte gesucht. Im Notfall würde die Kältepatrouille auch medizinische Hilfe aufbieten, wenn sie sich Sorgen machen, dass die Kälte eine Gefährdung für jemanden darstellen könnte. Dass sie derart eingreifen müssen, sei aber höchstselten der Fall, sagt Rebecca Fröhlicher. Pro Winter vielleicht ein bis zwei Mal. Dass sie indes jemanden, der das will, nicht mehr in einer Notschlafstelle unterbringen können, habe sie noch nie erlebt.

«Pfuusbus» schon den ganzen Winter lang voll

So sieht es auch Walter von Arburg vom Sozialwerk Pfarrer Sieber. Der «Pfuusbus» ist seit 20 Jahren in Zürich jeden Winter ein fester Bestandteil der Hilfsangebote für vulnerable Personen. Im Notfall, bevor jemand keinen Platz mehr beim «Pfuusbus» hat, würde man halt einfach etwas näher zusammenrücken oder noch eine weitere Matratze in die Notschlafstelle quetschen.

Im Gegensatz zur Kältepatrouille herrscht beim «Pfuusbus» schon seit Beginn des Winters Hochbetrieb. Das sei aussergewöhnlich, sagt Walter von Arburg. Normalerweise spüren die Betreibenden des «Pfuusbus» erst dann einen grösseren Zulauf, wenn es draussen so richtig kalt wird. Neben dem «Pfuusbus» betreibt das Sozialwerk Pfarrer Sieber auch noch zwei weitere Notschlafstellen. Das «Iglu» für Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz und «Nemo» für junge Erwachsene. In diesem Winter sind die Notschlafstellen seit Beginn weg voll belegt.

Vor allem mehr Arbeitsmigranten 

Die Hilfsangebote des «Pfuusbus» und «sip züri» bestätigen beide, dass es in diesem Winter vor allem auch wieder viel mehr Wanderarbeiter und Arbeitsmigranten hat, welche auf Hilfe oder Wärme angewiesen sind. In den letzten zwei Jahren konnten diese wegen der Corona-Einreisebestimmungen teilweise gar nicht erst in die Schweiz einreisen. Oder sie wären nicht mehr in der Lage gewesen, aus der Schweiz auszureisen. Dementsprechend wenig Wanderarbeiter waren es auch, die auf Hilfsangebote angewiesen waren.

Beim Verein Incontro beobachtet man indes einen allgemeinen Anstieg der Not und Armut in der Stadt Zürich. Nicht nur Wanderarbeiter, auch Schweizerinnen und Schweizer stehen vom einen Tag auf den anderen ohne Wohnung da, weil sie den Job verloren haben oder die Miete nicht mehr zahlen können.

veröffentlicht: 29. Januar 2023 07:09
aktualisiert: 29. Januar 2023 07:13
Quelle: ZüriToday

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