Stapo Winterthur

«Kulturwandel muss her»: Nach zwei Suiziden liegt Untersuchungsbericht vor

25.11.2022, 20:10 Uhr
· Online seit 25.11.2022, 15:03 Uhr
Nachdem die Stadtpolizei Winterthur im Februar vom zweiten Suizid innert weniger Monate erschüttert worden war, gab der Stadtrat eine Untersuchung in Auftrag. Deren Bericht liegt nun vor – er offenbart grosse Mängel in der Führungskultur.

Quelle: Stadtrat präsentiert Untersuchungsbericht zu Stapo Winterthur / Video vom 25.11.2022 / TeleZüri

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Der Winterthurer Stadtrat will bei der Stadtpolizei einen Kulturwandel einleiten. Ein nach zwei Suiziden von Polizeiangehörigen erstellter Untersuchungsbericht hat grobe Mängel in der Führungskultur der Stadtpolizei geortet. Im Untersuchungsbericht werden die Kultur und das Führungsverhalten innerhalb der Stadtpolizei kritisiert, wie der Stadtrat am Freitag in einer Mitteilung schrieb. Die Untersuchung selbst wurde von einer Anwaltskanzlei durchgeführt.

Führungskompetenzen genossen keine Priorität

Laut dem Bericht herrschte bei der Stadtpolizei eine sehr hierarchisch ausgeprägte Führungskultur. Kritik sei kaum zugelassen worden. Wer Entscheide des Kommandanten hinterfragte, habe schnell als illoyal gegolten. Aus diesem Führungsverständnis erwachse gemäss den Untersuchenden eine Problemkultur, «die Schwierigkeiten nicht angeht, sondern unter den Teppich kehrt», wie der Stadtrat weiter schrieb.

Weiter steht da: «Die Einhaltung der Hierarchie und polizeiliche Ränge haben eine derart zentrale Bedeutung, dass auch bei der Besetzung von Kaderstellen vornehmlich darauf geachtet wird.» Führungskompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Ressourcenorientierung, Flexibilität, Empathie oder auch Problemlösungskompetenz würden hingegen «keine Priorität geniessen».

Schulungen und Austauschmöglichkeiten sollen helfen

Im Untersuchungsbericht wurden eine Reihe von Empfehlungen für die Zukunft der Stadtpolizei aufgeführt. Auf Ebene der Gesamtorganisation brauche es einen «Kulturwandel», wie der Stadtrat schreibt: «Es ist ein Führungsverständnis anzustreben, das zwischen dem Führen von Einsätzen und der Personalführung im Alltag unterscheidet.»

Regelmässige Schulungen, Weiterbildungen und auch Austauschmöglichkeiten für Kadermitarbeitende sollen sicherstellen, dass die Erwartungen ans jeweilige Führungsverständnis klar kommuniziert werden und eingehalten werden.

Zwei Suizide innert sieben Monaten

Der erste Suizid eines Angestellten der Stadtpolizei ereignete sich im Juli 2021. Der Angestellte der Quartierpolizei war laut Stadtpräsident Michael Künzle (Mitte) zuvor drei Monate krankgeschrieben, nachdem gegen ihn ein Personalverfahren eröffnet wurde.

Der zweite beging im Februar 2022 im Gebäude der Stadtpolizei Suizid. Er wurde wenige Wochen zuvor – mit seinem Einverständnis – von der Quartierpolizei in den Schalterdienst versetzt. Der Bericht hält diesbezüglich fest, dass nicht nachweisbar sei, ob und inwiefern die kritisierte Führungskultur konkret zu den Suiziden geführt habe.

Kurz nach dem zweiten Suizid innert sieben Monaten gab der Stadtrat die Administrativuntersuchung in Auftrag, um herauszufinden, ob es bei der Stadtpolizei zu Verfehlungen gekommen ist.

veröffentlicht: 25. November 2022 15:03
aktualisiert: 25. November 2022 20:10
Quelle: ZüriToday

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