Zürich
Kanton Zürich

Lehrermangel im Kanton Zürich ist auch nach Herbstferien präsent

Lehrpersonenmangel

«Nächsten Sommer stehen wir in Zürich vor derselben Situation»

· Online seit 06.10.2022, 11:22 Uhr
Mehrere hundert Personen haben zum Schulstart begonnen, als Laienlehrpersonen zu unterrichten. Nun stehen die Herbstferien im Kanton Zürich an. Der Lehrerinnen- und Lehrerverband, eine Lehrerin ohne Diplom und ein Schulpflegepräsident ziehen ihr erstes Fazit.
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7980 Schulklassen mit rund 157'500 Kindern starteten Ende August ins neue Schuljahr. 330 der Lehrpersonen verfügten über kein klassisches Lehrdiplom. Bald ist das erste Quartal vorbei und schon sind wieder 76 Stellen und 100 Stellvertretungen beim Volksschulamt ausgeschrieben. Zwei Drittel davon nach den Herbstferien. Was ist passiert?

Drei Meinungen zur Lehrpersonensituation

«Sehr durchzogen» sind die Worte, die Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, wählt, um das Fazit zum ersten Schulquartal zu beschreiben. Es sei absehbar, dass im nächsten Sommer wieder eine ähnliche Situation bevorsteht. «Die Schülerzahlen werden weiterhin zunehmen und es ist noch nicht gelungen, die Belastungssituation der Lehrpersonen anzugehen.»

«Es war interessant», sagt C.M., eine der 330 Lehrpersonen, die aktuell ohne Lehrdiplom unterrichtet. Man habe nichts verschönert bekommen und sei ins kalte Wasser gesprungen. «Es war einfach so, wie es war.» Die 24-Jährige studiert Deutsch und Französisch und hilft seit diesem Sommer als Sekundarlehrerin im Zürcher Oberland aus.

Eine positive Bilanz zum ersten Teil des Schuljahres 22/23 zieht Beat Hartmann, Präsident der Primarschulpflege in Regensdorf. «Bei uns ist es positiv angelaufen, wir haben keine grossen Schwierigkeiten erlebt.»

«Wir wollen unsere unausgebildeten Lehrpersonen behalten»

In der Volksschule in Regensdorf werden Lehrpersonen ohne Lehrdiplom in Bereichen eingesetzt, in denen fachliche Kriterien nicht stark gewichtet werden. «Also im Kindergarten und in der Unterstufe», erklärt Hartmann. Trotz der positiven Bilanz ist der Schulpflegepräsident froh, dass nun die Herbstferien anstehen. Nicht aber etwa wegen der unausgebildeten Lehrpersonen, sondern aufgrund einer immer noch ausstehenden Stelle. «Wir haben 26 und 27 Kinder in den vierten Klassen. Diese wollen wir möglichst bald aufteilen.» So hoffe der Schulpflegleiter, dass sich nun im Herbst diese Stelle besetzen lasse.

Dass die aktuelle Strategie bis zum Ende des Schuljahres funktioniert, davon ist Hartmann überzeugt. «Wir würden auch nächstes Jahr davon profitieren. Unser Ziel ist es, die unausgebildeten Personen in die Ausbildung zu schicken.» Es brauche ein Entgegenkommen des Volksschulamts und eventuell auch andere Ausbildungsmöglichkeiten, «damit die Lehrpersonen ohne Diplom länger als ein Jahr – was bisher gilt – arbeiten können.»

Es braucht neue Lösungen

Die Ein-Jahres-Frist sei wichtig, sagt Christian Hugi. «Wir setzen uns als Verband dafür ein, dass Lehrpersonen bleiben können, aber sie müssen eine Ausbildung absolvieren.» Die aktuelle Strategie, Lehrpersonen ohne Diplom unterrichten zu lassen, sei nicht sinnvoll, sondern eine Notfallmassnahme. Mittelfristig sei es problematisch, wenn immer nur notfallmässig die Symptome, nicht aber die zugrundeliegenden Ursachen angegangen würden. «Wir hinken hinterher. Die Arbeitsbedingungen in der Schule haben sich verändert, Lehrpersonen benötigen mehr zeitliche Ressourcen für den Unterricht und die Klassenführung.» Es müsse genau da angesetzt werden. «Damit weniger Lehrpersonen aus dem Schulsystem ausscheiden. Damit sie nicht ausbrennen.» Insbesondere auch auf der Kindergartenstufe sei es schwer, die Stellen zu besetzen.

Ausbrennen – an diesem Punkt ist C.M. überhaupt nicht. Aber Schwierigkeiten hat sie durchaus festgestellt. Dass innerhalb einer Klasse mehrere Niveaus existieren, damit hatte C.M. Mühe. «Es war schwierig für mich, allen zu antworten und allen das zu geben, was sie brauchen.» Langsam wisse sie jedoch, wie reagieren und nach dem Lehrmittel zu arbeiten, helfe ihr. Insgesamt sagt die 24-Jährige es habe gut funktioniert. «Die Akzeptanz der Schülerinnen und Schüler hat mich besonders gefreut.»

veröffentlicht: 6. Oktober 2022 11:22
aktualisiert: 6. Oktober 2022 11:22
Quelle: ZüriToday

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