Pendlerin muss laufen

Deshalb warten Zürcher Busse nicht immer auf S-Bahn-Gäste

· Online seit 24.06.2023, 09:48 Uhr
Eine Pendlerin kommt verspätet mit der S-Bahn in Meilen an und muss feststellen, dass ihr Anschluss, ein VZO-Bus, nicht mehr am Bahnhof steht. Falsch gehandelt hat der Buschauffeur aber wohl nicht.
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Die vergangenen Tage zogen die ersten grösseren Gewitter über Zürich. Ein Zeichen dafür, dass im Züribiet echtes Sommerwetter angesagt ist. Die Temperaturen beweisen es: Stets knapp bei 30 Grad in der Region. Wer bei dieser Hitze unvorbereitet plötzlich ins Schwitzen kommt, wird sich wohl etwas darüber aufregen.

Erlebt hat dies eine Zürcherin, die mit der S-Bahn nach Meilen fuhr und dort ihren Anschluss verpasste. Statt mit dem Bus zu fahren, musste sie den Hügel hochlaufen. Das sorgte für Ärger bei der Frau und Schweissperlen auf ihrer Stirn, war aber kein fieser Schachzug des Buschauffeurs. Wie die Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) auf Anfrage von ZüriToday erklären, entscheiden Chauffeusen und Chauffeure jeweils nach genauen Regeln, ob sie auf die Ankunft anderer Linien warten oder weiterfahren.

«Nicht mein erhoffter Start ins Abendprogramm»

«Bei 30 Grad und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit und nahendem Gewitter können die Meilener Busse anscheinend nicht fürsorglich auf ihre S7 verspäteten Fahrgäste warten», schreibt die besagte Zürcherin auf Facebook. Nach Ankunft am Bahnhof Meilen wollte die Frau am Montagabend auf die Buslinie 922 wechseln, musste aber feststellen, dass der Bus schon weg war.

«Voller Schweissperlen» ging sie schliesslich zu Fuss bis zur Hohenegg und beschreibt ihren anstrengenden, spontanen Spaziergang so: «Es war echt nicht mein erhoffter Start ins Abendprogramm.»

Dass der VZO-Bus nicht auf die Fahrgäste der S7 gewartet hat, ist auf das sogenannte Leitsystem zurückzuführen. Das Leitsystem weiss immer ganz genau, wo sich Züge und Busse befinden. «Alle 18 Sekunden wird ein Signal über den jeweiligen Standort gesendet», erklärt VZO-Sprecher Joe Schmid. So erhalten die Chauffeusen und Chauffeure jeweils die Information, ob sie warten oder abfahren sollen.

«Wenn die Verspätungen zu gross sind, dürfen sie nicht warten, damit der Folgeanschluss gewährleistet ist», sagt Schmid. Dies sei jeweils mit dem betroffenen Zug abgestimmt. Für jede Verbindung gebe es andere Kriterien. Konkret heisst das, manchmal erhält der Buschauffeur nach drei Minuten die Meldung, er dürfe nicht mehr warten, bei einer anderen S-Bahn-Linie könnten es auch fünf Minuten sein.

Keine Buslinie mit häufigen Problemen

Im Fall der Zürcherin, die aus der Puste in Hohenegg in Meilen ankam, geben die VZO Entwarnung. Bei der Linie 922 gebe es selten Probleme. «Zu Stosszeiten ist der Anschluss zu 99 Prozent gesichert und in Nebenzeiten zu 98 Prozent», erklärt Schmid. Insgesamt liege im ganzen Jahr 2023 und bei allen Linien die Anschlussquote in der massgebenden Abendspitzenzeit bei 96 Prozent.

Die Pendlerin hat ihren schwitzigen Spaziergang immerhin nicht umsonst gemacht. Zwar hatte sie – und wohl noch ein paar weitere Fahrgäste – keine Anschlussverbindung, dafür wurden andere Meilenerinnen und Meilener rechtzeitig zum Bahnhof chauffiert. Durch das ausgeklügelte Leitsystem fährt der Bus nämlich gerade noch rechtzeitig ab, um pünktlich zurück am Bahnhof zu sein, damit andere Passagiere auf dem Rückweg ihren Zug erwischen.

In der Hierarchie steht die Bahn höher als der Bus. «Darum würde ein Zug nie auf einen verspäteten Bus warten», so Joe Schmid. «Selbst wenn der Bus für seine Verspätung gar nichts kann, weil er irgendwo im Stau steckt. Ist hingegen die S-Bahn unpünktlich, kann der Bus – je nach Tageszeit – einen kurzen Moment am Bahnhof auf den verspäteten Zug warten.»

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veröffentlicht: 24. Juni 2023 09:48
aktualisiert: 24. Juni 2023 09:48
Quelle: ZüriToday

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