«PR-Gag»

Chirurg zweifelt an neuem Beauty-Eingriff von Zürcher Klinik

· Online seit 13.06.2023, 09:52 Uhr
Eine Zürcher Beautyklinik wirbt für eine neue Methode. Dabei komme Artificial Identity Creation zum Einsatz, behauptet diese. «Das gibt es nicht», sagt Schönheitschirurg Christian Köhler.

Quelle: ZüriToday / Linus Bauer

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Herr Köhler, die Zürcher Schönheitsklinik Pret-a-beaute behauptet, mittels Artificial Identity Creation zur absoluten Schönheit zu verhelfen. Ist das möglich?
Zuerst dachte ich auch, dass es sich um eine Innovation in der ästhetischen Chirurgie handle. Das Werbe-Video ist wirklich sehr professionell gemacht und kommt spannend rüber. Aber nein,  Artificial Identity Creation oder Schönheitschirurgie mittels Künstlicher Intelligenz gibt es nicht. Sehr wahrscheinlich handelt es beim beworbenen Angebot um einen PR-Gag.

Wann wurden Sie misstrauisch?
Im Video setzen die Ärzte der Klientin eine Spritze an den Hals, worauf sie sofort einschläft. So wird das in der Praxis nicht gemacht. Wir verwenden stattdessen meist das Narkosemittel Propofol und verabreichen es über die Vene. Seltsam fand ich auch, dass das Video am Ende kein Vorher-Nachher-Foto der Klientin zeigte.

... stattdessen blickt die operierte Klientin am Bahnhof Thalwil immer wieder verunsichert zu einer Frau, die fast gleich aussieht. 
Die Klinik wählte diesen Schluss wohl, um rechtliche Konsequenzen auszuschliessen. Würde sie ein solches Fake-Video mit einem Vorher-Nachher-Foto enden lassen, könnte sie rechtlich belangt werden. Dieser Schluss hingegen lässt die Zuschauenden im Ungewissen, ob dieser Eingriff die junge Frau nun glücklich gemacht hat oder nicht. Aber wie gesagt, diese Methode gibt es gar nicht.

Die Klinik hat die Fragen der Redaktion bisher nicht beantwortet. Warum soll eine Klinik Werbung machen für ein Angebot, das gar nicht existiert?
Ich denke, dass es am Ende darum geht, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das ist hier offensichtlich gelungen. In der Beauty-Industrie wird heute viel Werbung gemacht für neue Methoden, die aber auf Traditionelles zurückgehen.

Glauben Sie, dass das Angebot junge Frauen anlockt?
Ja. Menschen, die mit dem eigenen Aussehen unglücklich sind, werden vom Angebot begeistert sein. In der Folge werden sie die Klinik anrufen und sich dort zumindest einmal über die Angebote informieren.

Die Protagonistin im Video war vor der Operation mit ihrem Aussehen vor allem unzufrieden, wenn sie durch Social-Media-Profile scrollte. Welche Rolle spielen Influencerinnen bei Ihren Klientinnen?
Wir haben immer mal wieder Klientinnen, die als Beispiel Fotos von Influencerinnen zeigen, die sie auf Instagram gesehen haben. Bei den 18- bis 25-Jährigen ist das Aufspritzen der Lippen zurzeit am beliebtesten. Bei uns sind die Fotos der Influencerinnen aber nur ein Richtungsweiser.

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Wir erschaffen aus einer Klientin oder einem Klienten nie eine bestimmte Person. Ich habe aber auch zunehmend den Eindruck, dass Instagram an Einfluss verliert. Ich kenne mittlerweile einige junge Frauen, welche die App gelöscht haben. Sie sind der Meinung, dort zu viel unnütze Zeit zu verbringen.

*Christian Köhler ist ästhetischer Chirurg und Gutachter im Prevention Center in Zürich und Zug.

veröffentlicht: 13. Juni 2023 09:52
aktualisiert: 13. Juni 2023 09:52
Quelle: ZüriToday

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