Am Selecta-Automat

Bettlerin bittet in Zürich um Essen, schnappt sich aber Ladegerät

13.10.2023, 13:43 Uhr
· Online seit 11.10.2023, 19:08 Uhr
ZüriReporterin Carina S. wollte in guter Absicht einer hungrigen Frau einen Schokoriegel am Selecta-Automat herauslassen. Was dann geschah, machte sie perplex. Handelt es sich hierbei um eine neue Bettel-Betrugsmasche?
Anzeige

ZüriReporterin Carina S.* ist sauer. Sie werde oft von Bettlern angesprochen, und gebe auch gerne ab und zu etwas. Einmal hätte sie einen Apfel verschenkt, ein andermal sei sie mit einem jungen Mann in ein Lebensmittelgeschäft gegangen und habe ihm ein Brötli gekauft. Doch nun geschah etwas, womit sie nicht gerechnet hatte.

An einem Vormittag habe sie bei der Hardbrücke auf den Bus gewartet. «Eine junge Frau, die ich den Sinti oder Roma zuordnen würde, kam und fragte, ob ich Geld habe. Ich verneinte», erzählt S. «Dann fragte sie, ob ich ihr etwas am Automat herauslassen würde, sie habe Hunger. Die Frau sprach nur gebrochen Deutsch.»

Teures Chimpy statt eines Kägi fret

Die ZüriReporterin willigte ein und gemeinsam gingen sie wenige Meter zum Selecta-Automat. «Die Frau zeigte auf das Kägi fret, was für mich ok war. Sie gab eine Nummer ein und ich bezahlte», erzählt Carina S.

Was sie allerdings nicht realisierte: Statt der Nummer des Kägi frets, hatte die Bettlerin die Nummer eingegeben, bei der ein ‹Chimpy› herauskommt. «Dieses Ladegerät hat viel Depot drauf. Und ich habe schlicht zu wenig darauf geachtet, was ich da bezahlte.» Wie die 29-jährige S. nachher sah, kostete sie das Ladegerät ganze 19 Franken. An jedem Kiosk kann man diese Geräte nach Gebrauch zurückgeben und bekommt 15 Franken dafür zurück.

«Habe auch schon gute Erfahrungen gemacht»

«Ich war zu perplex, um sie zur Rede zu stellen. Während ich wieder nach vorne lief, kam eine zweite Frau, es war vielleicht ihre Mutter, und bat mich, ihr einen Kaffee zu kaufen. Da verneinte ich.» Sie sei bestimmt nicht geizig und es ging ihr auch nicht um die 19 Franken, sondern um die Art und Weise, wie das Ganze ablief.

«Ich finde es schade, weil ich auch schon gute Erfahrungen damit machte, Menschen etwas zu essen zu kaufen», sagt S. im Interview mit ZüriToday. Ist dies etwa eine neue Masche von Bettlern in der Stadt Zürich? Der Stadtpolizei sind keine ähnlichen Vorkommnisse bekannt, heisst es auf Anfrage.

«Bettlern sollte man kein Geld geben»

«Gemäss Artikel 9 des Straf- und Justizvollzugsgesetz (StJVG) ist das Betteln auf öffentlichem und privaten Grund verboten», sagt Pascal Siegenthaler vom Mediendienst der Stadtpolizei. Falls man jemandem die freie Wahl an einem Automat lasse, müsse man damit rechnen, dass die Person auch das teuerste Produkt beziehen kann. «Somit begeht die Person keine Straftat», so Siegenthaler.

Allenfalls könne man zivilrechtlich gegen diese Person vorgehen. Dies jedoch bedingt, dass es vorher eine klare Abmachung gab, um welches Produkt es sich handle, sagt Siegenthaler. «Anstelle der freien Wahl, könnte man der Person etwas kaufen und ihr direkt das Produkt anbieten.»

Die Stadtpolizei empfiehlt, Bettler via der Notrufnummer 117 zu melden und Ihnen kein Geld zu geben. Bei der Aufschlüsselung der Anzeigen mit dem Tatbestand Betteln nach Nationen zeige sich, dass rumänische Staatsangehörige am häufigsten verzeigt werden.

Zürich hätte genügend Anlaufstellen für Bedürftige

Betteln müsste man in Zürich nicht, erklärt Heike Isselhorst, Kommunikationsleiter des Stadtzürcher Sozialdepartments. Wer Hunger und Bedarf hat, könne Hilfe beanspruchen. «Bedürftige können in Zürich die Angebote sowohl der Sozialen Dienste der Stadt, als auch die Treffpunkte und Anlaufstellen der sozialen Einrichtungen und Betriebe nutzen.»

Betroffene haben dort Zugang zu Überlebenshilfe und Beratung. Zudem sind Sozialberater, unter andrem von «sip züri», im öffentlichen Raum unterwegs und sprechen randständige Menschen gezielt an, um sie zu bestehenden Hilfsangeboten zu bewegen.

Weitere Angebote für Randständige gebe es in Zürich in zahlreicher Form durch verschiedene private gemeinnützige Organisationen, sagt Isselhorst. Dazu gehören die Heilsarmee, die Pfarrer-Sieber-Werke, Solidara oder die Caritas.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

* Name geändert

veröffentlicht: 11. Oktober 2023 19:08
aktualisiert: 13. Oktober 2023 13:43
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch