28-Jähriger sitzt über 4 Jahre im Gefängnis und wird überraschend freigesprochen
Ein 28-jähriger Eritreer sass seit vier Jahren und vier Monaten im Gefängnis. Er wurde vom Bezirksgericht Bülach im letzten Sommer zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt – dasselbe Urteil wie bei der ersten Verhandlung im April 2020. Der Vorwurf: Er soll im Sudan an der Geiselnahme zweier Landsfrauen beteiligt gewesen sein.
Nun sorgte das Obergericht für eine Überraschung: Der Mann wurde freigesprochen. Für die unschuldig abgesessenen Gefängnistage bekommt er eine Genugtuung von mehr als 100'000 Franken.
Trotz fehlendem Bezug zum Inland Fall verhandelt
Fürs Zürcher Obergericht war zwar unbestritten, dass es im April 2015 zu zwei Entführungen im Sudan kam, bei der zwei junge Frauen misshandelt und gegen Lösegeld freigelassen wurden. So berichtet der «Tages-Anzeiger». Aber die Rolle des Beschuldigten als Dolmetscher liess sich nicht mit Sicherheit beweisen. Es sei mehr als eine blosse Hypothese, dass es zu einer Verwechslung kam. Nach dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» wurde der 28-Jährige freigesprochen.
Es war Zufall, dass sich eines der Opfer und der vermeintliche Täter nach dem Verlassen von Afrika wieder beim Migrationsamt Zürich trafen. Speziell war aber auch, dass das Obergericht einen Fall verhandelte, der keinen Bezug zur Schweiz hatte. Das Verfahren wurde wegen des sogenannten Weltrechtsprinzips durchgeführt, das heisst die Straftat richtet sich gegen international geschützte Rechtsgüter.
(hap)