Eigenkonsum

Polizei darf Kleinstmengen an Cannabis nicht konfiszieren

24.07.2023, 12:07 Uhr
· Online seit 24.07.2023, 12:00 Uhr
Bis zu 10 Gramm Cannabis in der Tasche zu haben, ist legal. Nun geht es noch einen Schritt weiter: Alles unter dieser Menge «darf nicht gerichtlich zur Vernichtung eingezogen werden», heisst es in einem Urteil des Bundesgerichts. Damit schafft es einen Präzedenzfall.

Quelle: Beitrag vom 30.01.2023 / CH Media Video Unit / Melissa Schumacher

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2019 fanden Zollbeamte bei einem Mann am Bahnhof St.Margrethen während einer Kontrolle 2,7 Gramm Marihuana sowie 0,6 Gramm Haschisch. Aufgrund der geringen Menge gab es für den Mann keine Busse.

Unter 10 Gramm Cannabis legal

Denn: In der Schweiz ist es legal, Cannabis zu besitzen – sofern es nicht mehr als zehn Gramm sind. So sieht es das Betäubungsmittelgesetz vor. Erst, wer mehr als zehn Gramm Marihuana oder Haschisch besitzt, macht sich strafbar. Und: Wer Cannabis konsumiert, kann eine Ordnungsbusse von 100 Franken erhalten. Dies so weit die gesetzliche Lage.

Die Grenzbeamten beschlagnahmten 2019 jedoch das Cannabis, das der Mann bei sich führte. Dies befand das Kantonsgericht St.Gallen als rechtmässig. Der Mann hingegen wehrte sich und zog mit einer Beschwerde vors Bundesgericht.

Bundesgericht heisst Beschwerde teilweise gut

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde nun teilweise gut, wie es in einer Mitteilung am Montag schreibt. Der Mann könne das beschlagnahmte Cannabis wieder zurückfordern.

«Das Bundesgericht kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass eine geringfügige und zum Eigenkonsum bestimmte Menge Cannabis (bis 10 Gramm) nicht eingezogen werden darf», heisst es in der Mitteilung zum Bundesgerichts-Urteil.

Cannabis darf nicht beschlagnahmt werden

Das Bundesgericht stützt sich in seiner Argumentation darauf, dass Gegenstände nur beschlagnahmt werden dürften, wenn eine konkrete Straftat (Anlasstat) vorliege. Im Falle des Cannabis-Besitzes sei dies nicht der Fall.

Für den Cannabis-Konsum könnten Personen zwar eine Ordnungsbusse erhalten und das Marihuana, welches zum Zeitpunkt der Polizeikontrolle gerade konsumiert wird, könne beschlagnahmt werden. Weiteres Cannabis (unter zehn Gramm), welches die kontrollierte Person auf sich trage, könne die Polizei hingegen nicht einziehen.

Das Bundesgericht stützt sich dabei auf einen Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats von 2011.

Dem Cannabis-Besitz kann laut dem Bundesgericht zwar die Straftat einer Drittperson vorausgehen – etwa der Anbau, der Import oder das Handeln mit der Droge.

Doch: Wenn eine Person mit Cannabis erwischt werde, sei es  «unhaltbar», wenn die Polizei annehme, dass «immer strafbare vorgelagerte Handlungen» vorlägen. Diese Annahme müsste durch die Polizei weiter ermittelt werden, was aber nicht verhältnismässig wäre, wenn eine Person mit einer geringfügigen Menge Cannabis erwischt werde.

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Bundesgericht schafft einen Präzedenzfall 

Das Bundesgericht erinnert weiter daran, dass eine Person keine Straftat begeht, wenn sie eine kleine Menge Cannabis erwirbt und besitzt.

Im Artikel 19b des Betäubungsmittelgesetzes heisst es: «Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet oder zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums einer Person von mehr als 18 Jahren unentgeltlich abgibt, ist nicht strafbar.» Eine geringfügige Menge ist laut Gesetz 10 Gramm.

Mit dem Entscheid des Bundesgerichts wird ein Präzedenzfall geschaffen. Das Urteil könnte damit richtungsweisend sein für zukünftige Fälle.

(Urteil 6B_911/2021 vom 19.6.2023)

veröffentlicht: 24. Juli 2023 12:00
aktualisiert: 24. Juli 2023 12:07
Quelle: Today-Zentralredaktion

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