Quelle: TeleZüri / Beitrag vom 10.12.2019
Beschuldigt sind ein 70-jähriger Polier, ein 36-jähriger Maschinenbauführer und ein 22-jähriger Hilfsarbeiter. Die drei sowie ein Lernender im ersten Lehrjahr waren im Herbst 2019 auf einer Baustelle in Dietikon beschäftigt. Mitten in der Baugrube standen ungesichert vier grosse, tonnenschwere Betonwandelemente aufrecht nebeneinander.
Zum Unfall kam es am Vormittag des 5. Dezember. Der Hilfsarbeiter sollte laut Anklage Ketten oben an den Betonwandelementen anbringen, an denen die Elemente mit Hilfe eines Baggers an ihren endgültigen Bestimmungsort verschoben werden sollten.
Quelle: TeleZüri / Beitrag vom 5.12.2019
Als er die Leiter angelegt habe und hinaufsteigen wollte, seien die Elemente wie Dominosteine gekippt und hätten den Lehrling unter sich begraben. Der Jugendliche hatte direkt neben den Betonelementen eine Arbeit ausgeführt. Er war sofort tot.
Die Staatsanwältin beschuldigt die drei nicht vorbestraften Männer der fahrlässigen Tötung und fordert bedingte Freiheitsstrafen von je acht Monaten. Sie hätten sich pflichtwidrig verhalten. Die Betonelemente hätte nicht ungesichert stehen bleiben dürfen. Das «Zusammenspiel der Pflichtverletzungen» habe zu dem tödlichen Unfall geführt, um den es im Prozess geht.
Firmenverantwortliche nicht belangt
Der Vertreter der Opferangehörigen kritisierte, niemand habe sich «einen Deut um die Gefahr geschert». Alle drei Beschuldigten seien «unmittelbar schuld» am Tod des Lehrlings. Generell sei das Thema Sicherheit auf jener Baustelle sträflich vernachlässigt worden. Es sei stossend, dass die Verantwortlichen der zwei am Bau beteiligten Firmen nicht zur Verantwortung gezogen worden seien.
Als einziger der drei Beschuldigten anerkannte der Polier die Anklage und drückte der Opferfamilie sein Bedauern aus. Weiter gab er keine Auskunft. Auch die beiden Mitbeschuldigten machten in ihrer Befragung durch den Einzelrichter ihr Aussageverweigerungsrecht oder Erinnerungslücken geltend.
Der Anwalt des geständigen Poliers verlangte eine bedingte Geldstrafe von maximal 90 Tagessätzen zu höchstens 60 Franken. Er erklärte, es gehe um die Beurteilung von Fahrlässigkeit, nicht von «bösartiger Absicht». Es handle sich um eine unbewusste, leichte Fahrlässigkeit, mit leider gravierenden Folgen.
«Polier ist schuld»
Die Verteidiger des Maschinenführers und des Hilfsarbeiters schoben die ganze Verantwortung auf den Polier. Beide plädierten auf vollumfängliche Freisprüche ihrer Mandanten. Sie hätten weder pflichtwidrig noch fahrlässig gehandelt.
Der Maschinenführer habe den Unfall nicht verursacht und sei nicht schuld daran, sagte sein Anwalt. Er hätte ihn auch nicht verhindern können. Ihm könne kein Vorwurf gemacht werde - zum Zeitpunkt des Unfalls sei er anderweitig beschäftigt gewesen. Als Maschinenführer sei er auch gar nicht weisungsbefugt gewesen.
Es sei natürlich, nach einem tragischen Unfall Schuldige zu suchen, sagte der Verteidiger des Hilfsarbeiters. Diesem könne aber keine Schuld gegeben werden. Anders, als es in der Anklage stehe, sei er damals gar nicht auf die Leiter gestiegen, habe sie allenfalls an die Elemente gestellt. Was die Betonelemente tatsächlich zum Umstürzen gebracht habe, sei unklar.
(sda / oeb)