Quelle: ZüriToday / Linus Bauer
Den Sprung von der Sek B in die Sek A schaffte Siham Ali. Allen Widerständen gegen Bewerberinnen mit Kopftuch zum Trotz fand die heute 22-Jährige eine Lehrstelle als Medizinische Praxisassistentin. Auch bestand sie nach der Lehre die Prüfung für die Kantonale Maturitätsschule Zürich (KME) und absolvierte erfolgreich die Erwachsenenmatur. Ihr Traum: Ärztin zu werden.
Eine Hürde bremst die gebürtige Somalierin seit drei Jahren aus: Im Weg steht ihr der Eignungstest für das Medizinstudium – im Volksmund als «Numerus Clausus» bekannt. Der Test regelt die Zahl der Studienplätze für das Medizinstudium an der Universität Zürich.
Auch dieses Jahr zählt Ali nicht zu den 372 Studentinnen und Studenten, die an der Universität Zürich das Medizinstudium gestartet haben. Voller Nervosität öffnete die Tiktokterin, die knapp 20'000 Follower hat, auch diesen August den Brief mit dem Prüfungsresultat – und wurde zum dritten Mal enttäuscht (siehe Video oben). «Diesmal habe ich leider sehr knapp, aufgrund von vier fehlenden Punkten, nicht bestanden», sagt sie zu ZüriToday.
«Ich war sehr nervös»
Laut Swissuniversities, der Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der schweizerischen Hochschulen, legten im Juli schweizweit rund 3000 Personen den Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) ab. Davon erhielten rund 1200 Personen einen Studienplatz. Der EMS prüft die kognitiven Fähigkeiten der Kandidatinnen und Kandidaten. Etwa müssen sie Muster zuordnen, «Schlauchfiguren» lösen und Diagramme und Tabellen interpretieren.
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«Ich rechnete damit, dass es auch dieses Jahr knapp werden könnte, weil ich sehr nervös war», sagt Ali. Immerhin habe sie sich aber jedes Jahr stark verbessert. «Das zeigt, dass der Test trainierbar ist und dass diejenigen, die wirklich Medizin studieren wollen, einfach jährlich antreten werden.»
«Das ist doch verlorene Zeit»
Ali bedauert, dass der Eignungstest ihren Traum wieder hat zerplatzen lassen. «In meiner ganzen Schulkarriere habe ich immer nur auf mein Ziel, Ärztin zu werden, hingearbeitet», sagt sie. Sie sei aber nicht die einzige Anwärterin, die regelmässig am Test scheitere. «Ich höre von einigen, die schon viermal durch den Test gefallen sind – das ist doch verlorene Zeit.»
Gerne würde die Zürcherin Hausärztin werden. An solchen mangelt es im Kanton Zürich seit einigen Jahren. Manche Hausarztpraxen haben Mühe, eine Nachfolge zu finden. «Ich finde es schade und unverständlich, dass man sogar in dieser Situation schon vor dem Medizinstudium so stark aussiebt», kritisiert Ali. «So werden die Spitäler und Arztpraxen künftig noch mehr auf Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland angewiesen sein.» Zudem zweifle sie daran, dass nur erfolgreiche Absolventen des Tests gute Ärzte würden.
Ali überlegt sich Studium im Ausland
Als die Zürcherin den Eignungstest das erste Mal nicht bestand, nahm sie als Zwischenlösung ein Biomedizinstudium in Angriff. Nach einem Semester brach sie dieses aber ab. Das Studium habe sich zu sehr auf die Arbeit im Labor konzentriert. «Ich wollte nicht ein Studium durchziehen, um am Ende einen Beruf zu haben, der mir gar nicht gefällt.» Alles, was sie interessiere, sei der menschliche Körper und der Kontakt zu den Menschen.
Zurzeit arbeitet sie als Medizinische Praxisassistentin. Sie werde den Numerus Clausus sicher noch ein viertes Mal probieren, sagt Ali. «Als Plan B melde ich mich für ein Medizinstudium in Rumänien oder in der Slovakei an.» Dort werde kein Eignungstest verlangt. «Auch sind die Semestergebühren nicht extrem hoch.»