Sechseläuten

Zürcher Zünfter lachen in Video über Minderheiten

20.04.2023, 13:35 Uhr
· Online seit 20.04.2023, 10:19 Uhr
Ein Video aus einem geschlossenen Zünfter-Treffen vor dem Sechseläuten ist aufgetaucht. Darin zu sehen: Zünfter, die Witze machen: über Menschen mit dunkler Hautfarbe, Homosexuelle und Sexarbeiterinnen.

Quelle: Archivvideo vom 20. April 2023: «Zürcher Zünfter lachen in Video über Minderheiten» / ZüriToday / Olivia Eberhardt

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Einmal mehr muss sich das Sechseläuten mit Vorwürfen von Rassismus und Sexismus auseinandersetzen: Der «Tages-Anzeiger» hat ein Video publik gemacht, das offenbar eine geschlossene Veranstaltung am Wochenende vor dem Sechseläuten zeigt. Anwesend seien nur Zünfter, ihre Frauen und geladene Gäste, darunter etwa Swiss-Life-Präsident Rolf Dörig.

Witze mit Bastrock und Knochen

Den rund 140 Gästen des «Ball beim Böögg» sei im Verlauf des Abends ein Rückblick auf ähnliche Veranstaltungen in den vergangenen Jahren gezeigt worden. Dazu habe ein Mann die Bühne betreten, dessen Gesicht schwarz angemalt war. Er habe eine schwarze Kraushaarperücke und einen Bastrock getragen. In Händen habe er einen grossen Knochen gehalten.

Neben dem Geschminkten seien ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz mit Federschmuck gestanden. Während des Gesprächs habe sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine gesteckt – zur Belustigung des Publikums.

Video zeigt vergangene Darbietungen

Der eigentliche Rückblick sei dann in einem Video gezeigt worden. «Die Zensurbehörde der Stadt Zürich hat die Episode damals verboten, weil sie fand, sie sei in höchstem Mass unkorrekt», hört man den Mann sagen, bevor er den Clip abspielt. «Weil wir hier aber in einer geschlossenen Gesellschaft sind, sollten Sie sich besser selber ein Bild machen.»

Im Video ist dann die gleiche schwarz angemalte Person im Bastrock und mit Perücke zu erkennen. Allerdings fünf Jahre früher. Ebenso erkennbar ist ein Mann, der mit einem regenbogenfarbigen Hemd offenbar einen Homosexuellen stereotyp darstellen soll. Als Drittes läuft eine als Sexarbeiterin verkleidete Frau ins Bild. Sie ahmt einen portugiesischen Dialekt nach.

Ein solcher Auftritt sei in diesen Kreisen kein Einzelfall, schreibt der «Tages-Anzeiger». 2020 habe es am Fest zum 60. Geburtstag des ehemaligen CS-Verwaltungsratspräsidenten der Credit Suisse und Zünfter Urs Rohner ähnliche Szenen gegeben. Die «New York Times» berichtete darüber.

Veranstalter wollen nichts sagen

Der Umgang der Zürcher Zünfter mit anderen Kulturen und der Ausschluss von Frauen hatten erst kürzlich für Kritik gesorgt. Aus den Reihen der SP wurde Anfang Woche eine Anfrage im Kantonsrat eingereicht. Die Politiker fordern darin vom Regierungsrat eine Stellungnahme bezüglich der «öffentlichen Zurschaustellung von überholten Stereotypen» am Sechseläuten.

Das Zentralkomitee der Zürcher Zünfte sagte gegenüber dem Tages-Anzeiger, der «Ball beim Böögg» habe nichts mit der Organisation des Sechseläutens zu tun. Die Veranstalter des Anlasses selbst hätten sich zum Video nicht äussern wollen. Eine mitverantwortliche Person habe lediglich gesagt, der Ball habe «in geschlossener Gesellschaft und unter Freunden» stattgefunden.

(osc)

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veröffentlicht: 20. April 2023 10:19
aktualisiert: 20. April 2023 13:35
Quelle: ZüriToday

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