Zürcher Juso-Politiker erhält Schmähbrief – und beschuldigt SVP
«Eine linke Ratte in unserer Gemeinde? Es ist gut, deinen Namen zu kennen», steht auf dem Zettel, den Dario Vareni kürzlich in seinem Briefkasten gefunden hat. Das Schreiben hat Vareni auf X geteilt mit den Worten: «Dieser anonyme Brief hat mich letzte Woche erreicht. Schön zu wissen, mit welch faschistischen Methoden Linke heute wieder zum Schweigen gebracht werden sollen.»
«Drohungen sind immer beängstigend und diese anonyme Gewaltandrohung aus der eigenen Nachbarschaft bereitet wirklich Sorgen», erklärt Vareni auf Nachfrage von ZüriToday. Für ihn ist auch klar, wer für solche Aktionen zumindest mitschuldig ist. «Danke, liebe SVP, dass ihr dafür den Weg geebnet habt», schliesst er seinen Post ab. Und sagt weiter im Interview: «Die faschistische Wortwahl, in der Linke entmenschlicht und als Ungeziefer bezeichnet werden, ist besorgniserregend und macht das politische Klima deutlich, welches nicht zuletzt von der SVP massiv aufgeheizt wurde.»
Diesen anonymen Brief hat mich letzte Woche erreicht. Schön zu wissen, mit welch faschistischen Methoden Linke heute wieder zum Schweigen gebracht werden sollen.
— Dario Vareni🌹 (er/him) (@dariovareni) October 12, 2023
Danke, liebe SVP, dass ihr dafür den Weg geebnet habt! pic.twitter.com/qrnjwaw8x1
Zuletzt wurde die Kritik gegenüber der SVP lauter, als etwa die Juso Schweiz forderte, dass die SVP «weg muss», weil sie eine «Gefahr für die Demokratie» darstelle. Führende SVP-Politiker hatten sich daraufhin zu Wort gemeldet und die «Vernichtungsphantasien» scharf kritisiert. Thomas Aeschi von der SVP sprach von der «Intoleranz des linksgrünen Spektrums».
Quelle: Bundeshaus-Redaktion
Nicht die erste Nachricht des Verfassers
Mit dem Schreiben wurde Vareni auch die Juso-Liste für die Wahlen ins Postfach gelegt, einzelne Namen und Berufsgruppen darauf eingekreist. Was es damit auf sich hat, kann auch Vareni nur vermuten. «Ich muss davon ausgehen, dass diese Person gewisse Berufe und Tätigkeiten als weniger wertvoll erachtet», sagt er. Und schiesst auch hier erneut gegen die SVP. Diese habe es geschafft, die «Bevölkerung gegeneinander auszuspielen und in ‹richtige Büezer› und die Anderen, genau wie in Schweizerinnen und Schweizer und Ausländerinnen und Ausländer einzuteilen. Darum wurden vermutlich auch ausländisch klingende Namen markiert», so der Vorwurf von Vareni.
Interessant: Beim Verfasser des Briefes handelt es sich offenbar um einen Wiederholungstäter. Auf den Beitrag von Vareni hat sich nämlich die AL gemeldet, welche offenbar auch regelmässige Hassschreiben mit derselben Handschrift erhält. «Wenn dies tatsächlich dieselbe Person sein sollte, dann wissen wir jetzt, in welcher kleinen Gemeinde die Person wohnt. Hoffentlich wird das dazu führen, dass sie überführt und den antidemokratischen Einschüchterungsversuchen ein Ende gesetzt werden kann», sagt Vareni abschliessend. Er selbst habe auch viel Unterstützung und Solidarität nach Erhalten des Briefs erhalten und werde sich von solchen Schreiben nicht beirren lassen.
Die SVP holt zum Gegenschlag aus
Die SVP wehrt sich gegen den Vorwurf und teilt mit, dass «anonyme Drohungen, Gewalt und Intoleranz» keinen Platz haben dürfen. Die Partei distanziert sich vom Drohbrief. Damit nicht genug: In der Stellungnahme auf Anfrage von ZüriToday unterstellt sie der Juso ein Extremismusproblem und rückt die Partei ins linksextreme Spektrum: «Viele Mitglieder der Juso stehen dem gewalttätigen Linksextremismus nahe.» Mit ihrem kürzlich veröffentlichten Positionspapier «Die SVP muss weg» zeige die Juso ihre intolerante und hassschürende Haltung.
Zahl der Hassnachrichten steigt
Hassnachrichten gegen Politikerinnen und Politiker haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen, weshalb auch die verschiedenen Behörden hier eingeschritten sind. Auf einer kantonalen Website, die seit einigen Wochen online ist, können Betroffenen Vorfälle melden und erhalten Rechtsbeistand. Einer der bekanntesten Fälle ist jener der früheren SP-Kantonsrätin Sarah Akanji. Sie hatte im vergangenen Jahr angekündigt, wegen sexistischer und rassistischer Beleidigungen nicht mehr zu kandidieren.