Fake-Post

User schwärzt Freisinnige mit Fotos von verwüstetem Zug an

· Online seit 05.03.2024, 08:01 Uhr
Ein User behauptet auf X, dass freisinnige Politiker nach ihrer Abstimmungsniederlage Zugabteile demoliert hätten. Das sei eine Sauerei, sagt Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen. Der Post zirkuliert nicht das erste Mal.
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Für Bürgerliche war der Abstimmungssonntag eine einzige Enttäuschung. Die Initiative für eine 13. AHV-Rente nahm das Volk deutlich an, die Renteninitiative lehnte es hingegen wuchtig ab. Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen sprach nach seiner gescheiterten Initiative von einem «rabenschwarzen Tag für die Jungen». Ein User nutzte das Drama mit einem Post aus.

Am Sonntag postete der User Fotos eines verwüsteten Zugwagens. Ein Foto zeigt eine aufgerissene Decke, ein anderes eine Treppe, auf der Flaschen, Dosen und Zettel verstreut sind. Dazu schrieb der User auf X: «Ich bin fassungslos und zittere noch am ganzen Körper. Ich wollte nur mit dem Regio nach Hause.»

Dabei schwärzte er Matthias Müller, David Noser, ehemaliger Jungfreisinniger und neues Mitglied der Jungen GLP Zürich, sowie FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen an. Er behauptete: «Auf einmal stiegen Matthias Müller, David Noser und Christian Wasserfallen und der Jungfreisinnige-Mob in den Zug ein und zerschlugen alles, was ihnen im Weg stand.»

Fotos aus Wagon Deutscher Bahn

Bei den Fotos handelt es sich um einen Fake. Die Aufnahmen stammen ursprünglich aus einem Wagon der Deutschen Bahn und zirkulieren auf X immer wieder in unterschiedlichen Zusammenhängen. Etwa am 30. Dezember postete ein User die Fotos mit der Behauptung, dass ein «rechtsradikaler Boeller-Mob» den Zug auf diese Weise verlassen habe. Damit schoss der User in Deutschland gegen Befürworter von Silvester-Feuerwerken.

Matthias Müller, David Noser und Christian Wasserfallen sagen auf Anfrage, dass sie gegen den User keine Anzeige erstatten würden. Sie halten dies für nicht lohnenswert. «Ich bin ein Mann des freien Wortes; die Meinungsfreiheit wird weltweit immer stärker beschnitten; diese Tendenz sehe ich kritisch und möchte ich nicht für unsere Schweiz», sagt Müller.  Er meldete den Post via X den Kantonspolizeien Zürich und Bern «Vorläufig zur Kenntnisnahme». «Der User muss wissen, dass X kein rechtsfreier Raum ist. Persönlichkeitsrechte sind zu wahren und den Menschen ist generell mit Anstand zu begegnen», sagt der Vizepräsident der Zürcher FDP in spe zu ZüriToday.

Manche User glauben es

Den Post bezeichnet Müller als «Sauerei». «Im Zusammenhang mit der AHV-Abstimmung will man den Eindruck erwecken, dass die Bürgerlichen nach ihrer Niederlage Zugabteile zusammengeschlagen hätten.» Christian Wasserfallen stellt auf X viele «anonyme Irrlichter und Trolle» fest. «Dieser User ist ein Vollidiot, anders kann man es nicht mehr sagen.» Solchen Posts solle man keine Beachtung schenken.

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Der Post wurde laut X jedoch rund 7000-mal angezeigt. Müller geht davon aus, dass manche User darauf hereinfallen. Tatsächlich empörte sich jemand in einem Kommentar dazu über die schlechte Erziehung der genannten Personen und nannte sie «schlechte Verlierer».

«Erheblicher Aufwand für Betroffene»

Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, beurteilt den Post als potenziell ehrverletzend. Damit könne ein Straftatbestand erfüllt sein. Die Betroffenen könnten einen Strafantrag wegen Ehrverletzung einreichen oder zivilrechtlich wegen widerrechtlicher Persönlichkeitsverletzung vorgehen. «Für die Direktbetroffenen wäre beides aber ein erheblicher Aufwand mit unklarem Ausgang.»

Ferner könnte sich der User laut Steiger im Streitfall mit dem Satire-Argument zu verteidigen versuchen. Auch mit einer Meldung bei X kämen Betroffene nicht weit. «Mit der Standardmeldefunktion kann man solche Probleme nicht wirksam vorbringen.»

Laut der Kantonspolizei Bern droht im Falle eines Ehrverletzungsdelikts eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe. In den allermeisten Fällen werde aber eine Geldstrafe angeordnet.

veröffentlicht: 5. März 2024 08:01
aktualisiert: 5. März 2024 08:01
Quelle: ZüriToday

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