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Zürcher Stadtparlament gibt weitere Bührle-Forschungen in Auftrag

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Zürcher Stadtparlament gibt weitere Bührle-Forschungen in Auftrag

· Online seit 19.03.2022, 12:48 Uhr
Die Diskussion um die Sammlung Bührle im Kunsthaus ist noch lange nicht vorbei: Das Zürcher Stadtparlament hat am Samstag an einer Sondersitzung zwei weitere Forschungen in Zusammenhang mit dem Waffenhändler in Auftrag gegeben.
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Die eine Forschungsarbeit, welche der Stadtrat nach dem Entscheid des Parlaments durchführen lassen wird, betrifft das «Marienheim» in Dietfurt SG, eine Spinnerei, die dem Waffenhändler und Kunstsammler Emil Bührle gehörte und von Ingenbohler Schwestern geführt wurde.

Fürsorgebehörden aus der ganzen Deutschschweiz, darunter auch jene der Stadt Zürich, sollen dort mindestens 300 minderjährige Mädchen gegen ihren Willen untergebracht haben. Die Arbeit in der Spinnerei soll faktisch Zwangsarbeit gewesen sein, obwohl diese in der Schweiz damals schon verboten war.

Zwangsarbeit für Bührles Flügelkanonen

Die zweite Forschungsarbeit betrifft die Maschinenfabrik Velten GmbH Ikaria in Deutschland, in der Frauen aus Polen, Russland, Frankreich, Deutschland, Rumänien, Ungarn und Lettland unter Zwangsarbeit Flügelkanonen herstellen mussten. Die meisten von ihnen waren Jüdinnen, Sinti und Roma.

Weil diese Flügelkanonen von Bührle entwickelt worden waren, flossen pro verkaufter Kanone zehn Prozent direkt an Bührle. Dies soll dem Kunstsammler zwischen 1941 und 1944 rund 870'000 Franken eingebracht haben. Mit diesem Geld soll er zahlreiche Werke gekauft haben, die heute im Erweiterungsbau des Kunsthauses ausgestellt sind.

Immer noch «Mäzen» statt «Waffenhändler»

Weiter gab das Parlament beim Stadtrat in Auftrag, einen neuen Dokumentationsraum im Erweiterungsbau einzurichten. Es genüge nicht, nachträglich einige QR-Codes anzubringen, so die Mehrheit des Rates. Nach wie vor werde Bührle als «Industrieller» und «Mäzen» dargestellt und nicht als Waffenhändler, sagte etwa Ronny Siev (GLP).

Die AL bezeichnete den Dokumentationsraum als «nicht nur lustlos präsentiert, sondern mit offensichtlichem Widerwillen.» Es werde beispielsweise keine einzige Waffe gezeigt. «Die vornehme Zürcher Zurückhaltung wird dem Thema nicht gerecht», sagte Willi Wottreng.

Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) gab sich wortkarg. Es sei nicht alles so gelaufen, wie sie sich das aus heutiger Sicht wünschen würde. «Wir ziehen aber die Lehren daraus. Die Massnahmen, die nun aufgegleist sind, sind eine Grundlage dafür.»

Schenkung an die Stadt hatte keine Chance

Keine Chance hatte am Samstag die Forderung der AL, dass die Bührle-Stiftung die gesamte Sammlung der Stadt schenken soll. Heute sind die Werke lediglich als «Dauerleihgabe» ausgestellt.

Nach Ansicht der AL wäre eine Schenkung nach dem Vorbild der Gurlitt-Stiftung in Bern ein Befreiungsschlag. Denn auch mit neuem Vertrag rieche das alles «noch sehr nach Kuhhandel». Denkbar wäre gemäss AL auch, die Bilder zurück an den Absender zu schicken und stattdessen Zürcher Kunst auszustellen. Die Mehrheit des Rates hielt die Forderung nach einer Schenkung aber für falsch.

SVP kritisierte «heuchlerische» Vorstösse

Die SVP lehnte das ganze Vorstosspaket ab, weil es heuchlerisch sei. Vor zehn Jahren, als der Gemeinderat den Neubau debattiert habe, sei das alles kein Thema gewesen, sagte Stefan Urech. «Kein Wort zum Thema Waffenhändler, dabei war das alles damals schon bekannt.»

Inzwischen seien aber alle «woke» geworden, also «aufgeklärt» und sensibilisiert. Leider hätten die Linken dabei aber eine sehr selektive Ethik. Urech erinnerte an den Pavillon des Architekten Le Corbusier, der bekennender Antisemit war und mit dem französischen Vichy-Regime verbunden war. «Bei Architekten gelten offenbar andere Kriterien als bei Waffenhändlern.»

veröffentlicht: 19. März 2022 12:48
aktualisiert: 19. März 2022 12:48
Quelle: sda

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