Kind war mit an Demo

Stadtpolizei meldet Mutter wegen Kindeswohlgefährdung

· Online seit 20.05.2022, 13:35 Uhr
Der Ombudsmann der Stadt Zürich behandelte im vergangenen Jahr wieder recht spezielle Fälle – in einem erteilte er der Stadtpolizei einen Rüffel, wie aus dem Jahresbericht der Beschwerdestelle hervorgeht.
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Vor zwei Jahren hat eine Mutter ihre zweijährige Tochter zur Mai-Demo mitgenommen. Die Stadtpolizei stoppte eine Gruppe von Demonstranten – darunter auch die Mutter und ihre Tochter – und will eine Personenkontrolle durchführen. Nachdem die Mutter sich derer verweigert, kommt es zu einer Rangelei mit anschliessendem 24 stündigem Verweis aus dem Kreis 4. Tage späte wird die Mutter zur Einvernahme auf den Polizeiposten vorgeladen.

Der Vorwurf: Hinderung einer Amtshandlung, Nichtbefolgen polizeilicher Anweisungen und Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot. Dort verweigert die Mutter die Aussage, wie der «Tages-Anzeiger» am Freitag berichtet.

Meldungen ans Kesb müssen vorsichtig behandelt werden

Aus dem Jahresbericht der Beschwerdestelle geht hervor, dass die Polizei zu weit ging, als sie bei der Vernehmung der Mutter verkündeten, dass nun eine mögliche Kindeswohlgefährdung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) gemeldet werde. Allerdings war die Gefährdungsmeldung des städtischen Ombudsmanns Pierre Heusser «nicht verhältnismässig».

Solche Meldungen an die Kesb dürften nur mit Zurückhaltung und beim Vorliegen von deutlichen Hinweisen auf eine Gefährdung erfolgen, so ein Rechtsanwalt gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Darüber hinaus bedeutet eine Kindeswohlabklärung einen grossen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen und löse Angst und Verunsicherungen aus.

Stresssituation für alle Beteiligten

Das Verhalten der Frau bei der Personenkontrolle möge bei allen Beteiligten zu einer Stresssituation geführt haben, berichtet der Ombudsmann. Er könne keine konkreten Hinweise erkennen, die auf eine derartige Gefährdung des Kindeswohls schliessen liessen, welche eine Meldung an die Kesb rechtfertigten, heisst es weiter. Ebenso sieht er keine Kindeswohlgefährdung darin gegeben, wenn eine Mutter mit ihrem Kind am 1. Mai an einer gewaltfreien Demonstration teilnimmt.

Wie der Ombudsmann im Bericht weiter schreibt, hält die Stadtpolizei trotz seiner Intervention an der Ansicht fest, dass die Gefährdungsmeldung richtig gewesen sei.

(sib)

veröffentlicht: 20. Mai 2022 13:35
aktualisiert: 20. Mai 2022 13:35
Quelle: ZüriToday

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