Klimawandel

Es kommen harte Zeiten auf die Zürcher Bäume zu – so geht die Stadt damit um

· Online seit 17.04.2022, 13:54 Uhr
Trockenheit, Sturm und Hitze – der Klimawandel wird für viele Bäume in Zürich zum Problem. Welche Arten sind besonders betroffen? Wie geht die Stadt damit um? Wir haben nachgefragt.
Anzeige

Die Bäume in der Stadt Zürich hatten es in letzter Zeit nicht leicht. Im Januar 2021 knickten massenhaft Äste unter den Schneemassen ab. Im Juli beschädigte Sturm «Bernd» fast einen Drittel des städtischen Baumbestands. 2000 Bäume mussten gefällt werden. 2022 kam dann ein sehr sonniger, aber auch sehr trockener März hinzu. Dieser betraf in erster Linie die Nadelbäume.

Die eigentliche Herausforderung steht den Zürcher Bäumen erst noch bevor. Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen. Im Raum Zürich ist die durchschnittliche Temperatur nach Angaben der Stadt seit 1864 um gut zwei Grad auf 9,9 Grad Celsius gestiegen. Gemäss aktuellen Klimaszenarien werde die mittlere Jahrestemperatur im Grossraum Zürich bis 2060 um weitere 0,7 bis 3,3 Grad Celsius steigen, je nach Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Fichten unter Klimastress

Die höheren Durchschnittstemperaturen gehen mit Wetterextremen wie Hitzewellen, Stürmen und Trockenheit einher. Dies setzt die Bäume unter Stress, erhöht die Waldbrandgefahr und fördert den Befall durch Schadorganismen. Am stärksten betroffen hiervon ist vermutlich die Fichte, wie Kathrin Streit, Wissenschaftlerin an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) erklärt. Aber auch Tannen und Buchen dürften immer stärker unter dem Klimawandel leiden.

Die Folge ist laut Streit, dass diese Baumarten im Zürcher Wald seltener werden. Vor allem die heute weit verbreitete Buche dürften kommende Generationen durch den Klimawandel nicht mehr so oft antreffen. Gewinnen dürften dagegen Laubbäume wie Eiche, Kirsche, Linde, Hagebuche, Spitzahorn, Feldahorn und Nussbaum. Diese Arten werden mit Hitze oder Dürre besser fertig.

Der Baumbestand in Zürich wird sich verändern

Dass der Klimawandel für die Zürcher Bäume zum Problem werden könnte, ist auch der Verwaltung bewusst. Grün Stadt Zürich schätzt die Entwicklung ein und trifft darauf gestützt Massnahmen, wie Sprecherin Martina Bosshard sagt. Da sich junge Bäume besser als ältere an einem neuen Standort zurechtfinden, pflanzt die Stadt Jungbäume.

Bei der Auswahl der Baumarten werden heimische Arten, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen, bevorzugt. An besonders hitzebelasteten Standorten werden Baumarten, die mit Hitze und Trockenheit besser umgehen können oder sogar speziell für heisse und trockene Verhältnisse gezüchtet werden, gepflanzt und getestet.

Heute sind Spitzahorn, Platane, Rosskastanie und Robinie die häufigsten Baumarten entlang der Zürcher Strassen. In Zukunft werden vermehrt Silber-Linde, Ungarische Eiche, Schneeball-Ahorn und Breitblättrige Mehlbeere dazukommen, sagt Bosshard. Diese Baumarten kommen mit den Veränderungen durch den Klimawandel nämlich besser zurecht.

Nicht nur andere, sondern auch mehr Bäume

Die Stadt setzt für die Zukunft nicht nur auf widerstandsfähige Baumarten. Insgesamt soll die durch Bäume beschattete Fläche, die sogenannte Kronenfläche, in Zürich von rund 17 Prozent (Stand 2018) bis 2050 auf 25 Prozent erhöht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche es in einigen Stadtteilen doppelt so viele Bäume und Kronenfläche wie heute. Beispielsweise in Zürich-West, wo vergleichsweise wenige Bäume stehen.

Der Mensch kann dem Wald helfen

Während die Stadt Zürich bereits Massnahmen trifft, damit sich die Zürcherinnen und Zürcher auch in Zukunft an den Bäumen erfreuen können, erforscht die WSL mit Datenerhebungen, Testpflanzungen und Experimenten die Wirkungen des Klimawandels. «Es sind praktisch alle Forschungsgruppen an der WSL mit irgendeinem Aspekt von Wald und Klimawandel beschäftigt», sagt Kathrin Streit.

In Bezug auf ihre eigenen Forschungen ist Streit grundsätzlich optimistisch: Die Auswirkungen sind sichtbar und sie werden zunehmen. «Generell ist der Wald in der Schweiz aber nicht gefährdet», sagt sie. «Er wird sich nur verändern, durch menschliches Zutun oder alleine. Dann braucht er nur viel länger.»

veröffentlicht: 17. April 2022 13:54
aktualisiert: 17. April 2022 13:54
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch