ZFF-Direktor

«Die Cancel Culture schränkt langsam die Kunstfreiheit ein»

· Online seit 23.09.2022, 13:10 Uhr
ZFF-Direktor Christian Jungen eröffnete am Donnerstag das Zurich Film Festival. In seiner Rede platzierte Jungen ein klares Statement gegen die «Cancel Culture» und erntete dafür grossen Applaus. Im Video nimmt er Stellung zur aktuellen Debatte.

Quelle: ZüriToday / Robin Luijten / TeleZüri

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Der Sommer war heiss. Nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Diskussionen über Rassismus und «kulturelle Aneignung». So wurde etwa darüber diskutiert, ob es Weissen erlaubt sei, Rasta-Locken zu tragen und ob es noch zeitgemäss sei, die Winnetou-Filme im Fernsehen zu zeigen.

Absehbar also, dass nun auch eine Premiere am Zurich Film Festival für Diskussionsstoff sorgt. Die Rede ist vom Film «Der junge Häuptling Winnetou». Im Rahmen der Eröffnung sagt ZFF-Direktor Christian Jungen gegenüber TeleZüri und ZüriToday, dass es Druckversuche gegeben habe, damit der Film aus dem Programm gestrichen werde. Im Film geht es um einen 10-jährigen Buben weisser Herkunft, der unbedingt einen Indianer spielen will.

Direktor verteidigt Meinungsfreiheit

Doch davon will Jungen nichts wissen. In seiner Eröffnungsrede betonte er: «Mein Team und ich, wir stehen auf der Seite der Filmschaffenden, deren Werke wir eingeladen haben. Und auch dann, oder erst recht, wenn diese in Gegenwind geraten.»

Das Publikum goutierte sein Statement mit lautem Applaus. Jungen machte klar: «Das ZFF bleibt ein Ort der Kunstfreiheit. Und es ist mir wichtig zu sagen: Es muss nicht jeder Film allen gefallen. Man kann auch mal geteilter Meinung sein.» Wichtig dafür sei aber, dass die Filme überhaupt gezeigt würden und eine Debatte entstehe. «Und deshalb canceln wir hier keine Filme, wir zeigen die Filme.»

«Die Cancel Culture schränkt langsam die Kunstfreiheit ein»

Im Interview mit ZüriToday und TeleZüri zeigt sich Jungen besorgt: «Die Cancel Culture schränkt langsam die Kunstfreiheit ein. Es werden reihenweise Filme gecancelt.» Das komme fürs ZFF nicht infrage. Man stehe hinter den Filmschaffenden. «Es ist eine komische Haltung zu glauben, ein Film müsse allen gefallen», bekräftigt Jungen.

Und weiter: «Früher sagte man immer, man wolle mutige Filme. Sie sollen aufrütteln und irritieren. Heute will man immer den Ball flach halten und kein Risiko eingehen. Ich finde das einfach falsch.»

Bezüglich Winnetou und der Frage, ob auch Weisse einen Indianer spielen dürften, meinte Jungen: «Es ist völlig grotesk zu glauben, nur ein Schwuler könne einen Schwulen spielen. Oder nur ein Jude könne in einem Film einen Juden spielen. Das ist absurd. Schauspiel heisst für uns, dass man etwas spielt, was man nicht ist.»

(jaw)

veröffentlicht: 23. September 2022 13:10
aktualisiert: 23. September 2022 13:10
Quelle: ZüriToday

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