Zürich

Staatsanwalt stuft Kindstötung in Winterthur als Mord ein

«Besonders skrupellos»

Staatsanwalt stuft Kindstötung in Winterthur als Mord ein

13.09.2023, 13:24 Uhr
· Online seit 13.09.2023, 07:40 Uhr
Der Staatsanwalt hat die Kindstötung in Winterthur beim Prozess vom Mittwoch als besonders skrupellos eingeschätzt. Der 28-Jährige habe ein hilfloses Kind gequält und langsam sterben lassen.
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Für Mord, aber auch diverse Körperverletzungen und Marihuanahandel soll der Mann 15 Jahre ins Gefängnis, sagte der Staatsanwalt am Mittwoch. Die Verletzungen des Kindes seien immer dann aufgetreten, wenn der Mann das 20 Monate alte Kind gehütet habe.

Das Kind war ihm lästig

Der 28-Jährige sei frustriert gewesen, weil seine Freundin ohne ihn feiern ging und er das Kind betreuen musste. Den Frust habe er an ihrem Sohn abgelassen. Dabei sei es zu «massiver Gewalteinwirkung» durch Schütteln oder Herumschleudern gekommen.

Zu Beginn musste auch die Mutter in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen sie ist aber sistiert, wie der Staatsanwalt weiter sagte. Ob es wieder aufgenommen wird, hängt vom Verfahren gegen den Ex-Freund ab. Der Staatsanwalt liess aber keinen daran Zweifel aufkommen, wen er für den Täter hält. Als Motiv nannte er, dass dem Beschuldigten das Kind lästig gewesen sei.

Grob gegen eigene Kinder

Es gebe Hinweise, dass der 28-Jährige auch grob gegen seine eigenen Kinder geworden sei, selbst nach dem Tod des Kleinen. Eine Ex-Freundin habe ihn bei der Befragung zuerst geschützt, dann aber zugegeben, dass er sie geschlagen habe.

Nach Verbüssung der Freiheitsstrafe soll der Deutsche für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. «Wenn wir die Höchstdauer nicht in solchen Fällen aussprechen, wann dann?», fragte der Staatsanwalt. Der Mann sei schlecht integriert und könne ohne Probleme nach Deutschland zurück.

Die Kindsmutter und der Kindsvater konstituierten sich als Privatkläger. Ihre Anwälte verlangten Genugtuungen von 75'000 und 55'000 Franken. Das Urteil wird am 22. September eröffnet.

Kind starb an Schädel-Hirn-Trauma

Das Kind starb nach einem Schädel-Hirn-Trauma, auch ein Brustwirbel war Tage vor der Tat gebrochen. Es muss geschüttelt oder wild geschwungen worden sein, hielt der Richter dem Beschuldigten vor. «Ich konnte mich damals wegen eines Bandscheibenvorfalls kaum bewegen», antwortete der arbeitslose Handwerker. Er habe das Kind gar nicht misshandeln können.

Über Wochen hinweg gequält

Die erste dokumentierte Gewalttat fand am 1. Mai 2021 statt. Der Mann soll das Kind mit einem nicht bekannten Gegenstand ins Gesicht geschlagen haben – ohne dass dieses dabei gravierende Schäden davontrug. Weil die Wahrscheinlichkeit aber vorhanden war, wertet die Anklage den Vorfall als versuchte schwere Körperverletzung.

Nach mehreren anderen unterschiedlich schweren Attacken kam es zwischen dem 30. Mai und dem 3. Juni 2021 zu der Misshandlung, die das Kind knapp zwei Wochen später das Leben kostete.

Der Beschuldigte soll den Jungen, der durch die früheren Angriffe bereits gezeichnet und geschwächt war, am Oberkörper gepackt und mehrere Male gewaltsam hin und her geschüttelt haben. Die Verletzungen, die das Kind dabei erlitt, führten zum Tod. Es starb am 12. Juni 2021 an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas.

Das Kind sei ihm lästig geworden

Das Motiv für die Tat war gemäss Staatsanwaltschaft geradezu lapidar: Das Kind sei dem Beschuldigten lästig geworden, weil es häufig bei seiner Mutter – also seiner Freundin – im Bett schlief, und er es immer wieder betreuen musste.

Zur Rolle der Mutter macht die Anklageschrift keine Angaben. Es bleibt offen, ob sie Verdacht schöpfte oder versuchte, dem Kind zu helfen. Laut Anklage konnte der Bub wegen einer Verletzung plötzlich nicht mehr gehen, sondern krabbelte nur noch. Davon abgesehen sollen die Verletzungen von aussen jedoch kaum erkennbar gewesen sein.

Neben den Gewalttaten gegenüber dem Kind werden dem Mann zudem Drogendelikte vorgeworfen. So soll er zusammen mit seiner Partnerin rund ein bis zwei Gramm Cannabis täglich konsumiert haben. Gemeinsam sollen sie zudem einige hundert Gramm davon verkauft haben.

Das Urteil wird am 22. September eröffnet.

(sda)

+++ Update folgt +++

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veröffentlicht: 13. September 2023 07:40
aktualisiert: 13. September 2023 13:24
Quelle: ZüriToday

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