Testphase beendet

Schwere Missbräuche aufgezeigt: «Meldesystem der Zürcher Kirche lohnt sich»

· Online seit 01.12.2023, 07:16 Uhr
Die katholische Kirche im Kanton Zürich richtete im Zuge der vielen Missbräuche, die im September publik wurden, ein Meldesystem ein. Nach einer Testphase wird dieses nun extern betreut, und zwar durch die Anwältin und GLP-Kantonsrätin Andrea Gisler.

Quelle: Studie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche. TeleZüri vom 12. September 2023.

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Die Kirche ist zufrieden mit ihrem Meldesystem. «Es lohnt sich und wird auch genutzt», bilanziert Simon Spengler, Kommunikationsleiter bei der katholischen Kirche Kanton Zürich, die Testphase. Am Anfang sei nicht klar gewesen, welche Arbeit das System mit sich bringe: «Es hätte sein können, dass wir komplett mit Spam überflutet werden.» Doch diese Befürchtung blieb unbegründet.

Zu Beginn ging fast täglich eine Meldung ein, später reduzierte sich die Zahl auf etwa zwei pro Monat. Spengler unterscheidet dabei zwischen zwei Typen: Einerseits kamen Berichte von Mitarbeitenden der Kirche an, die beispielsweise von Mobbing oder Fehlverhalten ihrer Vorgesetzten berichteten. «Vor allem am Anfang wurden aber auch schwerwiegende Fälle aus den 70er-, 80er- oder 90er-Jahren gemeldet», sagt Spengler gegenüber ZüriToday.

Interne Konsequenzen gab es bislang keine

Bei solchen Meldungen zu Missbräuchen berät die Kirche die Opfer und zeigt ihnen weitere Anlaufstellen auf, an die sie sich wenden können. Die schwerwiegenden Fälle, welche bei «Kirche schaut hin» bislang eingingen, sind strafrechtlich bereits verjährt, erklärt Spengler. Die Betroffenen können sich aber beim Genugtuungsfonds der Kirche melden. Interne Konsequenzen mussten wegen der Meldungen aus dem System bislang nicht ergriffen werden.

Technisch wurden nach der Testphase von «Kirche schaut hin» nur Kleinigkeiten angepasst. Anonymität und Datenschutz waren laut Spengler stets gewährleistet. Wie ursprünglich geplant, geht die Betreuung des Systems nun an eine externe Stelle. Die Kirche hat dafür Andrea Gisler gewonnen. Gisler ist Anwältin, GLP-Kantonsrätin und war von 2002 bis 2011 Personalombudsfrau für die katholische Kirche im Kanton Zürich. «Deshalb kennt sie die kirchlichen Verhältnisse und bringt viel Fachkompetenz mit», sagt Spengler.

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«Vertrauen in das System ist angeknackst»

Dass das Meldesystem nun von einer externen Person betreut wird, ist für Andrea Gisler «elementar wichtig». «Das Vertrauen in die Kirche ist angeknackst», sagt sie gegenüber ZüriToday. Deshalb könne solch ein Meldesystem nur dann optimal funktionieren, wenn es unabhängig ist. «Das Vertrauen muss gegeben sein.»

Gisler legt deshalb auch Wert darauf, dass sie als einzige Person die «Kirche schaut hin»-Berichte einsehen kann. Veränderungen an der Art der Bearbeitung der Meldungen werde es wohl keine geben. «Aber was sich ändert, ist die Glaubwürdigkeit», sagt Gisler.

Die Motivation für die Annahme des Mandats besteht für die Rechtsanwältin darin, Missbrauchsopfer zu unterstützen. «Ich bin gut vernetzt mit Beratungs- und Opferhilfestellen», sagt Gisler. Opfern von sexuellem Missbrauch zu helfen, ist für sie dabei ebenso wichtig, wie auf Machtmissbrauch aufmerksam zu machen: «Mein Auftrag ist es, die Meldungen zu analysieren und zu erkennen, wo man ansetzen muss, um im System etwas zu verändern.»

veröffentlicht: 1. Dezember 2023 07:16
aktualisiert: 1. Dezember 2023 07:16
Quelle: ZüriToday

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