Schnapsidee

«Scheisse, wir müssen hier weg» – Zürcher reisen an Basler Morgestraich

· Online seit 23.02.2024, 05:58 Uhr
Dass Zürich nicht die Fasnachtshochburg ist, weiss wohl die ganze Schweiz. Auch die Zürcherinnen und Zürcher. Aus diesem Grund wollten wir einmal miterleben, wie denn zum Beispiel Basel die «drey scheenste dääg vom joor» startet.

Quelle: ZüriToday / Angela Rosser / Linus Bauer

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Wenn man in der Schweiz lebt, gibt es einige Sachen, bei denen man das Gefühl hat, dass man sie wenigstens einmal im Leben gesehen und erlebt haben muss. Dazu zählt, wie ich mir sagen liess, auch der Basler «Morgestraich».

Da meine Freunde und ich für unsere super Ideen bekannt sind, überrascht es nicht, dass anlässlich eines Geburtstages genau das der Plan war. «Hey», hiess es, «am Sonntag, nach der Karaoke-Party, nehmen wir den letzten Zug nach Basel und feiern dort Fasnacht. Und Geburi.» Die Worte «Fasnacht» und «feiern» passen zwar für so eigentlich niemanden in unserem Grüppchen gut zusammen, aber egal.

Fasnacht in Zürich zum Einstimmen

Um uns bestmöglich auf den Basler Fasnachtswahnsinn am Montag vorzubereiten, zogen wir uns am Samstag bereits die Zürcher Fasnacht rein. So als kleines «Amuse Bouche» quasi. Bei lauwarmem Weisswein mit halbkaltem Mineral wurde also geklatscht, gegrölt und getanzt und während der Intermezzos mit den Gugge das Zelt auf dem Zürcher Münzplatz verlassen. Irgendwo hat es Grenzen – aber es war durchaus lustig und ich habe den grössten Respekt vor den Feierwütigen, die ihren Jacky-Cola ohne Eis runterstürzen, von Vormittags bis tief in die Nacht tanzen und singen und sich dazu ihre Nebenhöhlen mit Schnupftabak zubetonieren.

Wenn das schon die Zürcher Fasnacht ist, dann hängt die Messlatte für den legendären «Morgestraich» natürlich verdammt hoch. Irgendwann war Sonntagabend und mit Dosenbier und 24-Stunden-Shop-Prosecco ausgerüstet, machten wir uns auf den Weg an den Zürcher Hauptbahnhof.

Das ABC der Basler Fasnacht

Zuvor holten wir uns natürlich Tipps von einer Basler Freundin, die uns erklärte, wie man sich beim Morgestraich zu verhalten hat. 1. Kein Licht beim Filmen und 2. eine Plakette als Zeichen der Solidarität kaufen. Die «Blaggette» haben wir uns gleich am Bahnhof geholt. Und zwar die silbrige – man will ja nicht knausern.

Nach fünf Minuten hatten wir einen von uns schon verloren, aber zum Glück genauso schnell wiedergefunden, denn: So viel war morgens um 1 Uhr noch nicht los. Wir hatten uns vorgestellt, dass die ganze Stadt auf den Beinen wäre und fröhlich durch die Strassen zieht. Weit gefehlt. In der ersten Beiz gabs dann mal ein Bier, eine Partie Uno und Pommes. Mehlsuppe und Chäswähe? Fehlanzeige.

Schwarzer Block vs. Basler Lichterfest

Komplett übermütig gings auf Geheiss von lokalen Guides weiter zum «istoh». Was für uns erst Sinn gemacht hat, als wir beim Rümelinsplatz mittendrin standen. Da fanden wir auch raus, wo all die Baslerinnen und Basler sind. Hier. Dicht gedrängt am Strassenrand.

Die «Cliquen» standen ebenfalls bereit und wir merkten das erste Mal: Die nehmen das hier sehr ernst. Verdammt ernst. Ein bisschen zu ernst für unseren Geschmack. Und die Fehde «Basel - Zürich» macht auch vor der Fasnacht nicht Halt. Vielleicht lags daran, dass wir mit unserer komplett schwarzen Kleidung ein bisschen aussahen wie der schwarze Block am 1. Mai. Oder einfach daran, dass wir bitz verloren mitten auf der Strasse standen.

«Scheisse, wir müssen hier weg»

Die Baslerinnen und Basler waren übrigens keine grosse Hilfe. Wir wollten uns eigentlich nur hinter die Menge stellen, um niemandem im Weg zu sein, hätte man uns denn gelassen. Wir dachten uns da schon: «Scheisse, wir müssen hier weg». Nicht nur von der Strasse. Eigentlich so generell auch aus Basel.

Weiterer Minuspunkt war das Getränkeangebot. Ja, es liegt wohl an Zürich und an unserer Einstellung zu Volksfesten. Zur Erinnerung: Am Züri Fäscht oder an der Street Parade werden im Coop die frischen Salate und Brötli aus den Kühltruhen verbannt, um Platz zu machen für Bier und Prosecco. Hier war alles zu.

Magie liegt in der Luft

Was man der Basler Fasnacht aber lassen muss: Etwas Magisches hatte es dann doch, als es um Punkt vier Uhr hiess: «Vorwärts Marsch», all die Lichter ausgingen, die Piccolos und Trommeln erklangen und sich der bunte Tross in Bewegung setzte. Das wars dann aber eigentlich auch schon. Zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen. Danke für nichts und Tschüss Magie.

Nachdem auch der letzte Flachmann der Gruppe leer und die Blasen voll waren, suchten wir nach einem Ort, wo wir die Eindrücke hätten verdauen können. Da waren wir natürlich die einzigen – abgesehen von gefühlt ganz Basel. Den Traum vom kalten Bier und einer sauberen Toilette war also schon beinahe beerdigt, bis wir doch noch eine Bar gefunden haben.

Genauso eine, wie wir Zürcher sie lieben. Dunkel, rotes schummriges Licht und fast vergessene, oder eher verdrängte Hits, die aus einer semi-guten Anlage dröhnen. Auch der Name «Schluggstube» war irgendwie passend. Das Geburtstagskind erholte sich kurz bei einem 5-minütigen Schläfchen und für die anderen gabs Kaffee oder Wodka-Soda. Mate kennt man hier nämlich nicht.

To-Do-Liste abgearbeitet

Jetzt musste nur noch etwas von der Liste gestrichen werden, damit wir endlich wieder nach Hause fahren konnten. Die berühmte Basler Mehlsuppe. Zu unserem Glück fanden wir ein Restaurant in einem ziemlich hübschen Keller, bei dem man Erbarmen mit den armen Zürchern hatte und uns einen Tisch anbot.

Was soll ich sagen? Das Bier war definitiv besser als die braune Flüssigkeit, die uns serviert wurde. Das ist doch einfach nur Bratensauce?! Nichts gegen Bratensauce aber ein halber Liter ist dann doch etwas too much.

Draussen war es mittlerweile Tag, als wir uns auf den Heimweg machten. So sassen wir, wieder mit Dosenbier, im ICE von Basel nach Zürich und spielten Ratespiele. Interessanterweise wurde die Stimmung je länger die Fahrt dauerte, immer besser und als es aus dem Lautsprecher hiess: «Zürich Hauptbahnhof – Endstation», hätten wir glücklicher nicht sein können. Hier strahlte uns die Sonne entgegen und wir waren endlich wieder zu Hause.

Kaum daheim angekommen, vibrierte mein Handy und jemand schrieb in den Gruppenchat: «Nächstes Jahr gehen wir nach Luzern!!».

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veröffentlicht: 23. Februar 2024 05:58
aktualisiert: 23. Februar 2024 05:58
Quelle: ZüriToday

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