Bussen-Krimi

Zürcher soll für vier Genfer Strafzettel blechen, obwohl er nie dort war

19.10.2022, 08:21 Uhr
· Online seit 19.10.2022, 06:23 Uhr
Ein Zürcher Vespa-Fahrer erhielt gleich mehrere Bussen aus Genf. Der Witz dabei: In Genf war der 58-Jährige schon lange nicht mehr. Als er sich bei dem Amt über die Umstände erkundigen will, liegt schon der dritte Zettel im Briefkasten.
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Handelt es sich um eine neue Betrugsmasche oder lediglich um ein Versehen? «Ein Versehen kann es ja fast nicht sein», meint Fabio Rosser aus Mettmenstetten. Eine Busse, singular, hätte er ja noch verstanden. «Es könnte durchaus sein, dass sich ein Fehler im System eingeschlichen hat.» Aber zwei, respektive drei? Das müsse doch eine neue Betrugsmasche sein.

Am 26. September lag das erste Schreiben mit Briefkopf «Republique et canton de Genève» im Mettmenstetter Briefkasten. Es handelte sich dabei um eine Busse in der Höhe von 250 Franken. Rosser habe mit seinem Motorfahrzeug ein Rotlicht überfahren, heisst es dort und zwar am 12. Juli 2022 um 20.28 Uhr.

Sieht offiziell aus, wirkt aber verdächtig

«Ich habe noch gedacht, von der Schrift her sieht es schon nach etwas Amtlichem aus. Vielleicht von einer Versicherung oder so», meint der Vespa-Fan im Interview mit ZüriToday. Das Schriftstück kommt mit Paragrafen und QR-Code zum Einzahlen daher – sieht also alles relativ glaubwürdig aus.

Stimmen kann es trotzdem nicht, denn der 58-Jährige aus dem Knonaueramt war an besagtem Datum nicht in Genf. Aus diesem Grund suchte er kurz darauf auch die regionale Polizeiwache auf. Die Beamten konnten ihm aber nicht weiterhelfen. Ein solcher Fall sei ihnen bisher noch nicht untergekommen.

Bussenschwindler oder Schilderklau

Nur einen Tag später flattert der nächste Brief aus Genf rein. Dieses Mal werden 100 Franken gefordert, weil er Strassenmarkierungen überfahren haben soll. Irritierend an der zweiten Busse ist, dass sich das Delikt am genau gleichen Ort zugetragen haben soll wie beim ersten Mal. Diesmal aber am 16. Juli um 23.14 Uhr und wieder mit einem zweirädrigen Motorrad.

Nicht genug, dass Fabio Rosser an beiden Tagen Nachtdienst bei seiner Arbeitsstelle hatte. Zudem befand sich das Fahrzeug, mit dem die vermeintlichen Delikte begangen worden sein sollen, zu dem Zeitpunkt in Revision. «Die Vespa lag in Einzelteilen bei dem Mechaniker», so Rosser. «Auch mein Mechaniker hat keine Probefahrt nach Genf gemacht. 290 Kilometer wären wohl auch etwas übertrieben gewesen», meint der Sozialpädagoge und schmunzelt.

Problem erkannt, Gefahr noch nicht gebannt

Weil er auf der Internetseite des angegebenen Departements zunächst keine Mail-Adresse fand, schrieb Fabio Rosser einen Brief an das «Département de la sécurité, de la population et de la santé» und erhob Einspruch. Sollte die Forderung tatsächlich von dem erwähnten Departement stammen, forderte er auch den entsprechenden Fotobeweis an. Das Departement gibt es nämlich wirklich.

Aller guten Dinge sind ...

Wie Florian Frei von der Kantonspolizei Zürich meint, sei ein Betrug eher unwahrscheinlich. Was eher möglich wäre, sind gefälschte Kontrollschilder. Genau diese Vermutung hat auch die Genfer Polizei und lässt mitteilen, dass eine entsprechende Untersuchung eingeleitet werde.

Im Übrigen blieb es nicht bei den zwei Briefen aus der Westschweiz. Am 3. Oktober 2022 erhielt Fabio Rosser Busse Nummer drei. Wieder 100 Franken und wieder wegen Missachtung einer Strassenmarkierung und auch wieder an der gleichen Kreuzung und nein, auch an dem erwähnten Datum, dem 24. Juli 2022, war Fabio Rosser nicht in Genf unterwegs.

Fotobeweis bringt Klärung

Das Beweisfoto aus Genf bringt erst noch mehr Verwirrung als Klärung. Auf dem Foto, das Fabio Rosser von behördlicher Seite zugestellt wurde, ist das Nummernschild deutlich zu erkennen. Ebenso das Logo eines bekannten Pizzalieferdienstes.

Am Ende kommt es doch noch zur Klärung der Sache. Beim Strassenverkehrsamt Zürich können Nummernschilder in weiss und gelb, aber mit derselben Nummer vergeben werden. Der Farbunterschied ist auf der Schwarz-Weiss-Fotografie nicht mehr zu erkennen. Viel Ärger um nichts? «Ich bin froh, dass ich jetzt Klarheit habe. Aber der ganze Zirkus um diese Strafzettel ist schon sehr mühsam. Da müsste man sich beim Strassenverkehrsamt vielleicht eine andere Lösung einfallen lassen», meint Fabio Rosser.

Vorbei ist das Theater aber noch immer nicht. Am 18. Oktober findet sich im Briefkasten erneut ein Strafzettel. Wieder sind es 250 Franken, die wegen der Missachtung eines Rotlichts gefordert werden. «Das ist doch einfach nur noch ein riesen Witz! Und ich muss mich mit dem Mist rumschlagen. Danke dafür», schimpft der Geschädigte.

Hast du auch schon Erfahrung mit dem Bussen-Dschungel? Erzählt es uns in den Kommentaren oder via Whatsapp: 

veröffentlicht: 19. Oktober 2022 06:23
aktualisiert: 19. Oktober 2022 08:21
Quelle: ZüriToday

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