Stimmbeteiligung

«Menschen interessieren sich wieder mehr fürs politische Geschehen»

04.03.2024, 06:35 Uhr
· Online seit 04.03.2024, 05:45 Uhr
Mario Fehr und Carmen Walker Späh bedankten sich an der Medienkonferenz am Sonntag für die hohe Stimmbeteiligung. Warum die Bevölkerung so fleissig abgestimmt hat, kann mehrere Gründe haben. Eine Expertin klärt auf.

Quelle: ZüriToda / Angela Rosser / Olivia Eberhardt

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Hitzige Diskussionen im Vorfeld, Debatten und Artikel befeuerten die Abstimmungen von diesem Sonntag. In der Schweiz lag die Stimmbeteiligung bei 60 Prozent und in Zürich nahmen 53 Prozent der Bevölkerung ihr Stimmrecht war. Warum die Beteiligung dieses Mal eher hoch war und inwiefern das immer noch mit der Pandemie zusammenhängt, erklärt Politikwissenschaftlerin Sarah Bütikofer.

ZüriToday: War diese rege Stimmbeteiligung zu erwarten?

Sarah Bütikofer: Dass sich die Stimmbeteiligung am Ende ein hohes Niveau erreichen wird, das hat man auch aufgrund der Informationen, die man hatte, schon erwarten können.

Sobald die Stimmbüros die ersten Couverts erhalten haben und mit der Auszählung begonnen haben, hat sich das abgezeichnet. Bereits im Vorfeld hat man gesehen, dass die Initiativen, insbesondere die 13. AHV-Rente, auf sehr grosses Interesse stösst.

Wie hat sich das verdeutlicht?

Die Abstimmung hat zu einer breiten gesellschaftliche Diskussion geführt. Es gab sehr viele Medienbeiträge, die wiederum haben auch viele Leserkommentare generiert. Es wurde auch in den sozialen Medien rege diskutiert und das sind Indikatoren dafür, dass die Stimmbeteiligung auch dementsprechend hoch ausfallen wird.

Die Menschen gehen nur abstimmen, wenn das Interesse gross genug ist und sie sich mit der Vorlage auseinandergesetzt haben.

Braucht es emotionale Initiativen, die die Menschen direkt betreffen, um die Stimmbeteiligung anzukurbeln?

Aus der Vergangenheit ist es so, dass die Abstimmungen, die die höchste Stimmbeteiligung generiert haben, nicht aus dem Bereich der Sozialpolitik kamen. Diese waren eher im Bereich der Identität der Schweiz angesiedelt.

Welche Vorlagen hatten zum Beispiel in der Vergangenheit eine sehr hohe Stimmbeteiligung?

Die höchste Stimmbeteiligung überhaupt gab es bei der EWR-Abstimmung (Eidgenössische Abstimmung über den Europäischen Wirtschaftsraum) aus dem Jahr 1992. Damals gingen fast vier von fünf Menschen an die Urne. Da ging es um eine Grundsatzfrage: Schweiz-EU, wie soll da das Verhältnis sein?

Die Überfremdungsinitiative aus dem Jahre 1974 – die Schwarzenbach-Initiative – führte auch zu einer emotionalen Debatte. Damals gingen 70 Prozent an die Urne. Auch die Armeeabschaffungs-Initiative hatte eine so hohe Beteiligung. Auch da ging es um eine Grundsatzfrage.

Diese sozialpolitische Vorlage jetzt ist schon woanders anzusiedeln. Hier geht es nicht darum, wer wir sind und wohin wir wollen. Im Zentrum stand die Frage nach der Absicherung im Alter und dem Kompensieren der Kaufkraftverlust.

Was kann man über die letzten Jahre beobachten im Bezug auf das Stimmverhalten?

Zum Beispiel wiesen Abstimmungssonntage, bei denen es in den vergangenen Jahren um das Covid-Gesetz ging, auch eine überdurchschnittliche Stimmbeteiligung auf. Sie lag jeweils im ähnlichen Bereich wie an diesem Sonntag.

Was hat die Zahlen denn jetzt so steigen lassen?

Die Höhe der jetzigen Zahlen passt in die Erfahrungen aus den letzten drei Jahren. Vielleicht hat auch durch diese Pandemiesituation eine Repolitisierung stattgefunden in gewissen Kreisen und die Menschen interessieren sich allgemein wieder etwas mehr für das Geschehen auf politischer Ebene.

Wieso hat die Pandemie noch immer einen solchen Einfluss?

Den Leuten ist während den von Covid-geprägten Jahren wohl wieder bewusster geworden, dass politische Entscheidungen einen unmittelbaren Einfluss auf unser aller Leben haben. Zum Beispiel, wenn etwas in Bern bestimmt und dann gleich umgesetzt wurde. Da haben die Leute schon gemerkt, dass das etwas mit ihnen macht.

Wo liegt denn so der Durchschnitt?

Der langjährige Durchschnitt liegt so bei Mitte vierzig Prozent. Man kann aber wohl schon sagen, dass zuerst die Pandemiejahre und nun die aktuelle internationale Situation, was die Menschen beschäftigt und möglicherweise zu einer Steigerung des allgemeinen politischen Interesses beiträgt.

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veröffentlicht: 4. März 2024 05:45
aktualisiert: 4. März 2024 06:35
Quelle: ZüriToday

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