Zürich
Kanton Zürich

Magnetfischen im Zürichsee bringt Verschollenes an die Oberfläche

Zürcher «Trash-Hero»

Marcus ist Magnetfischer – und erzählt von seinem grössten Fang

10.05.2022, 19:23 Uhr
· Online seit 10.05.2022, 07:16 Uhr
Seit zwei Jahren ist Magnetfischen ein grosses Hobby von Marcus (37) aus Zürich. Die gwundrigen Gesichter der Passanten und der Nervenkitzel, was wohl an dem Magneten hängen könnte, faszinieren den Zürcher immer wieder aufs Neue.

Quelle: ZüriToday / Eduard Brand

Anzeige

Im gelben T-Shirt steht Marcus auf der Brücke zwischen dem Hauptbahnhof Zürich und dem Central. Mit dabei: Ein langes Seil, das er an der Brücke festgezurrt hat, ein Eimer und den Magneten, um den sich das Ganze dreht. Marcus ist 37 Jahre alt, kommt aus Zürich und sein Hobby ist Fischen. Mit einem Magneten; und nein, er wird nicht von der Stadt dafür bezahlt und nein, Gold und andere Edelmetalle sind nicht magnetisch. Goldschmuck etc. bleiben folglich nicht an dem Starkmagneten hängen, den der 37-Jährige mit Schwung in den Zürichsee schleudert.

Patronen im Tiefenbrunnen

Das Hobby hat für den Zürcher gleich mehrere positive Aspekte. Erstens sei alles, was nicht im See vor sich hin rostet, ein Dienst an der Umwelt und zweitens zieht man immer wieder allerhand Kurioses an Land, was einen zum Schmunzeln bringt. Marcus setzt sich allgemein für den Umweltschutz ein und ist Mitglied bei den «Trash-Heros». Die Organisation veranstaltet auf der ganzen Welt sogenannte «Aufräum- und Fötzel-Tage».

Was findet man denn so in den Gewässern? «Wir haben zum Beispiel schon Handschellen rausgeholt. Aus dem Rhein haben wir mal einen Karabiner, also ein Gewehr aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg rausgefischt. Ein Bajonett eines Schweizer Sturmgewehrs haben wir auch schon gefunden», sagt Marcus. Patronen hingegen seien mittlerweile gar nicht mal mehr so selten: «Im Tiefenbrunnen haben wir an einem Tag drei Pistolenpatronen, eine Gewehrpatrone und ein Projektil, also eine abgeschossene Gewehrpatrone, rausgefischt. Da dachte ich mir auch so: «Was läuft denn bei euch in Tiefenbrunnen?!"», erzählt der Hobby-Angler lachend.

Waffen müssen zur Polizei

Marcus behält Dinge selten, ausser Münzen oder wenn es etwas Aussergewöhnliches sei. Patronen und Waffen müssen bei der Polizei abgegeben werden. Illegal ist das Magnetfischen aber natürlich nicht. Auch das rausgefischte Zeug stellt kein Problem dar.
Bezüglich der Entsorgung von dem verrosteten und dreckigen Gedöns, informiert Marcus nämlich immer das ERZ (Entsorgung und Recycling Zürich), das die Sachen dann abholt. 

Wenn er nicht gerade in der Stadt unterwegs ist, informiere er auch immer die entsprechende Gemeinde. Bei den meisten könne man das Fragezeichen am Telefon praktisch hören, wenn man erzählt: «Ich war Magnetfischen und hätte hier etwas.» Aber: «Gemotzt hat noch niemand», sagt Marcus. Er mache ja auch etwas Gutes für die Gewässer und die Umwelt, finden die meisten.

Jung und alt, Tussis und Punks

Was Marcus an seinem Hobby besonders mag, ist die Interaktion mit Leuten. Schweizer seien generell ja nicht gerade dafür bekannt, dass sie wildfremde Personen einfach so ansprechen, meint er. Beim Magnetfischen sieht es anders aus: «Jung und alt, Tussis und Punks, es ist für alle spannend», sagt Marcus und fischt etwas aus dem Wasser, das vielleicht mal ein Klappstuhl gewesen sein könnte.

Glückliche Bestohlene

Oft fischt Marcus Velos aus dem Wasser. Dafür hat er sogar einen speziellen Haken, der sich besser in den Speichen festkrallt. Ein schönes Erlebnis war für den Trash-Hero, als er ein Rennvelo aus dem See gezogen hat und zirka eine Stunde danach tatsächlich ein Passant vorbeikam und fassungslos meinte: «Hey, das ist doch mein Velo! Das habe ich vor einem Monat als gestohlen gemeldet.» Marcus erzählte ihm darauf, dass das Velo halt im Wasser gelegen habe. Eine Velo-Klau-Story mit Happy End also.

Über eine Tonne Zugkraft

Zum Magnetfischen braucht es nicht viel Equipment. Einen sogenannten Bergemagnet mit einer starken Zugkraft, einen speziellen Haken für Gröberes, wie Velos, ein stabiles Seil, diverse Karabiner, Handschuhe und los gehts. Der Magnet mit über einer Tonne Zugkraft, den Marcus verwendet, hat sogar eine Altersbegrenzung und ist für Kinder nicht geeignet. «Wenn da so ein Kinderfinger dazwischen kommt, ist der dann schnell mal «Matschepampe». Aber es gibt Sets für Kinder, die haben dann so eine Zugkraft von beispielsweise hundert Kilo». Na dann: Petri-Rost oder so.

veröffentlicht: 10. Mai 2022 07:16
aktualisiert: 10. Mai 2022 19:23
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch