Polizeikontrolle verweigert

Bezirksgericht Bülach verurteilt früheren Staatsverweigerer

12.03.2024, 17:37 Uhr
· Online seit 12.03.2024, 16:11 Uhr
Das Bezirksgericht Bülach hat am Dienstagnachmittag einen 48-jährigen Schweizer wegen Hinderung einer Amtshandlung verurteilt. Er hatte sich vor einem Jahr einer Ausweiskontrolle verweigert, weil er damals Staatsverweigerer war. Vor Gericht zeigte er sich geläutert.
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Das Gericht verurteilte den Mann zu einer bedingten Geldstrafe von 5 Tagessätzen zu 85 Franken. Dazu muss er die Gerichtskosten tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der einstige Staatsverweigerer kann es noch ans Zürcher Obergericht weiterziehen.

Damit zeigte das Gericht mehr Milde als es die Staatsanwaltschaft gewünscht hatte. Sie forderte eine bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu 150 Franken, dazu eine Busse von 450 Franken.

Der 48-Jährige hatte im vergangenen März bei heftigem Wind ein Feuer im Wald angezündet, weshalb die Polizei ausrückte und ihn kontrollieren wollte. Der Sachbearbeiter war damals jedoch der Überzeugung, dass er keine Person sei, sondern «ein Lebewesen».

Der Staat ist eine «Firma»

Als «Lebewesen» habe er sich nicht an staatliche Vorgaben zu halten, weil es sich dabei um einen Vertrag mit «Personen» handle. Folglich müsse er auch keinen Ausweis vorzeigen. Diese Ansicht ist typisch für Staatsverweigerer, die glauben, der Staat sei eine «Firma».

Einer polizeilichen Aufforderung müsse man Folge leisten, stellte der Richter in der Urteilseröffnung aber klar. «Vielleicht wurde Ihnen etwas aufgeschwatzt, das nicht den Tatsachen entspricht. Aber die Gesellschaft funktioniert nach anderen Regeln.»

Immerhin sei der Beschuldigte anständig geblieben und habe die Polizisten nicht beschimpft. Seine Litanei sei aber lästig gewesen und habe die Geduld der Polizisten strapaziert, sagte der Richter.

Nach 40 Minuten des Diskutierens und Aufforderns wurde der damalige Staatsverweigerer schliesslich von vier Polizeimitarbeitenden auf den Boden gedrückt, so dass sein Rucksack durchsucht werden konnte.

«Damalige Haltung war falsch»

Vor Gericht gab sich der Sachbearbeiter geläutert. Sein Anwalt habe ihm erklärt, dass seine damalige Haltung falsch gewesen sei, sagte er. Heute wisse er, dass er den Ausweis hätte zeigen sollen. Er wolle die Polizisten für den Aufwand um Entschuldigung bitten.

Sein Anwalt hatte vergeblich einen Freispruch gefordert. Schliesslich sei sein Mandant nicht weggerannt und habe sich auch nicht körperlich gegen die Kontrolle gewehrt. Sein Mandant habe sich damals eben «intensiv mit Fragen des Rechtsstaates auseinandergesetzt». Er habe dabei aber verkannt, dass die Polizei durchaus befugt war, ihm Anweisungen zu erteilen.

Beim Anwalt handelte es sich um einen Juristen, der 2023 für den Nationalrat kandidierte, für die Bewegung Mass-Voll an der Seite von Nicolas A. Rimoldi. Er war auch im Vorstand des massnahmenkritischen Vereins «Wir für euch», der sich an Polizisten richtete.

Zahlen keine Steuern

Das Phänomen der Staatsverweigerer wird für Behörden zunehmend zum Problem. Sie bedeuten einigen Zusatzaufwand, weil sie sich nicht nur renitent verhalten, sondern auch Rechnungen des Staates nicht bezahlen. Auch der geläuterte Staatsverweigerer hat Steuerschulden.

Im Kanton Thurgau beispielsweise kommt es auf den Steuer- und Betreibungsämtern vermehrt zu angespannten Situationen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten gar mit baulichen Massnahmen vor möglichen Angriffen geschützt werden.

Im Kanton Zürich änderten Staatsverweigerer im vergangenen Jahr die Namen der Bezirksgerichte in der Google-Anzeige in «Bezirksgerichts AG» um, also in Aktiengesellschaft, weil der Staat eben eine «Firma» sei. Um mit dieser «Klientel» umgehen zu können, bieten Zürcher Berufsverbände seit einiger Zeit Kurse für Behördenangestellte an.

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(sda)

veröffentlicht: 12. März 2024 16:11
aktualisiert: 12. März 2024 17:37
Quelle: ZüriToday

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