«Frau Meier, wo finde ich ...?»

«In Zürich sollen Kunden das Personal mit Namen ansprechen»

· Online seit 02.01.2023, 12:19 Uhr
Alle Angestellten, die mit Kundinnen und Kunden zu tun haben, tragen sie: Namensschilder. Doch kaum jemand spricht das Personal mit Namen an. Personalmarketingexperte Jörg Buckmann findet, dass es jetzt höchste Zeit dafür sei.
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An der Kasse bedient A. Müller, am Steuer des VZO-Busses sitzt B. Keller und das Päckli bringt C. Meier: Alle Angestellten, die in irgendeiner Form Kundenkontakt haben, tragen ein Namensschild auf der Brust. Den meisten Kundinnen und Kunden kommt es jedoch kaum in den Sinn, das Personal im Laden, im ÖV oder auf der Post mit dem Namen anzusprechen. Eine Autorin von «Das Magazin» erinnerte in einem Artikel kürzlich an den Sinn der Schilder.

Sie sei ihrer Mutter ewig dankbar dafür, dass diese sie als Kind gelehrt habe, etwa den Pöstler mit «Grüezi Herr Stocker» anzusprechen. Tue sie dies nicht, sei es unhöflich, habe die Mutter erklärt.

Augen des Gegenübers hellten sich auf

Seither bemühe sie sich, die Menschen, mit denen sie in irgendeiner Weise zu tun habe, mit Namen anzusprechen, schreibt die Autorin weiter und meint: «Wozu gibt es sonst Namensschilder?»

Damit macht sie offenbar nur positive Erfahrungen. Immer merke sie, wie sich die Augen ihres Gegenübers aufhellten und sich die Person freue, nicht als «Funktion», sondern als «Mensch» angesprochen zu werden, berichtet sie.

Funktion der Schilder

Namensschilder trägt das Personal aber nicht als diskrete Aufforderung, persönlich angesprochen zu werden. Laut Personalmarketingexperte Jörg Buckmann haben die Schilder die Funktion zu zeigen, dass hinter Dienstleistungen Menschen stecken.

Die Angestellten seien Botschafterinnen und Botschafter eines Unternehmens, sagt Buckmann. «Die Namensschilder geben dem Personal, das das Unternehmen repräsentiert, eine etwas persönlichere Note.» Auch seien die Schilder da, damit sich die Kundschaft in bestimmten Fällen auf die Person, die sie bedient habe, beziehen könnten.

«Wir fühlen uns gebauchpinselt»

Dennoch findet Buckmann: «Gerade in einer grossen, anonymen Stadt wie Zürich wäre es schön, wenn die Kundinnen und Kunden Angestellte mit dem Namen ansprechen würden, zum Beispiel, wenn sie ein Produkt im Laden suchen.» Auch eine Begrüssung mit Namen an der Kasse sei für die Angestellten ein Aufsteller. «Das kennen wir alle von uns selber. Wir schätzen es und fühlen uns gebauchpinselt, wenn wir mit dem Namen und nicht nur mit ‹Sie› oder ‹Du› angesprochen werden.»

Der Personalmarketingexperte erinnert daran, dass das Verkaufspersonal in der Pandemie stark gefordert war und oft auch den Frust von Kundinnen und Kunden abbekam. «Es wäre Balsam für die Seele vieler Angestellten, wenn die Kunden sie mit Namen ansprächen und ihnen somit das Gefühl geben, Menschen und nicht bloss Dienstleistende zu sein.»

Stammkundschaft spreche bevorzugt namentlich an

Einige Kundinnen und Kunden setzen den Vorschlag schon lange um. «Wir stellen fest, dass insbesondere Stammkundinnen und Stammkunden unser Verkaufspersonal bevorzugt namentlich ansprechen», sagt Coop-Mediensprecher Kevin Blättler. Der Mehrheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkauf spiele es grundsätzlich keine Rolle, ob sie namentlich angesprochen würden oder nicht.

Ähnlich klingt es bei der Migros. Viele Kundinnen und Kunden kauften oft in derselben Filiale ein und kämen regelmässig mit denselben Migros-Mitarbeitenden in Kontakt, sagt Mediensprecherin Carmen Hefti. «Es ist daher nicht unüblich, dass viele Kundinnen und Kunden sie mit der Zeit kennen – auch beim Namen.» Unabhängig davon schätzten die Mitarbeitenden einen anständigen und freundlichen Umgang und hälfen bei Fragen gerne weiter, merkt Hefti an.

Viel Nähe auf dem Land

In Postfilialen ländlicher Regionen spricht die Kundschaft das Personal besonders oft namentlich an. «Dies ist aber weniger auf die Namensschilder zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass die Mitarbeitenden den Kundinnen und Kunden auch persönlich bekannt sind», erklärt Silvana Grellmann, Mediensprecherin der Schweizerischen Post. Aber auch auf Zustellungstour komme es vor, dass die Kundinnen und Kunden die Pöstler mit dem Namen ansprächen. «Allerdings ist auch hier ein wichtiger Faktor, ob man den Pöstler kennt oder nicht.»

Ob das Post-Personal gerne noch mehr mit Namen angesprochen würde, kann die Mediensprecherin nicht pauschal beantworten.

veröffentlicht: 2. Januar 2023 12:19
aktualisiert: 2. Januar 2023 12:19
Quelle: ZüriToday

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