Wo ist «Lion»?

Ein Zürcher kämpft um seinen Hund – und gegen das Veterinäramt

06.05.2022, 23:39 Uhr
· Online seit 06.05.2022, 17:22 Uhr
Nach einem Gefängnisaufenthalt will Ruben da Costa seinen Hund wiedersehen. Um diesen hatte er sich ein halbes Jahr gekümmert, obwohl er nie der offizielle Besitzer war. Das Veterinäramt stellt sich quer. Bloss ein bürokratisches Missverständnis oder absichtliche Ablehnung?
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Ruben da Costa ist mit seinen Nerven am Ende: Der Zürcher Oberländer hat seinen geliebten Hund, einen American Bully XL namens «Lion», seit anfangs Februar nicht mehr gesehen – und gibt dem Veterinäramt des Kantons Zürich die Schuld dafür. «Seit mittlerweile drei Wochen blocken sie mich ab, verweigern mir jegliche Auskunft über ‹Lion›. Sie haben mir auch schon mit der Polizei gedroht.» Der 24-Jährige wisse nicht, wo sein Hund ist und wie es ihm gehe. «Ich weiss nicht mal, ob er überhaupt noch lebt.» Denn «Lion» habe viele Allergien und sei auf Medikamente angewiesen. Doch alles der Reihe nach.

Im Sommer 2021 kommt ein guter Freund von da Costa aus dem Kanton Aargau auf ihn zu und sagt ihm, dass er seinen Hund «Lion» nicht länger halten könne. Für Da Costa, der zu diesem Zeitpunkt in Gossau ZH wohnt, ist klar, dass er seinem Freund helfen und den Hund bei sich aufnehmen will. Der Haken: der rechtmässige Hundebesitzer ist nicht der Freund, sondern dessen Stiefvater, der im Kanton Bern wohnt.

Lion ist ein «Listenhund»

Hinzukommt, dass ein American Bully XL im Kanton Zürich ein sogenannter «Listenhund» ist. Das heisst, dass das Halten dieser Rasse nur bedingt erlaubt ist, anders als in den Kantonen Aargau und Bern. Und hier macht da Costa wohl den ersten Fehler: «Ich befand mich in einem schwierigen Lebensabschnitt und hatte viele Probleme. Deswegen habe ich mich nicht um das Formelle gekümmert.»

Um den Hund aber sehr wohl: «Ich behandelte ihn wie ein König. Er bekam nur das beste Futter und alle nötigen Medis. Ich ging mit ihm auch jeden Tag über zwei Stunden laufen.» Dabei habe der American Bully XL auch immer einen Maulkorb getragen. «Lion» sei nie aufgefallen, und so wohl auch nicht, dass er im Züribiet eigentlich ein «Listenhund» sei.

Da Costa erhält eine Vollmacht

Dies änderte sich dann Anfang Februar dieses Jahres urplötzlich: Da Costa wird verhaftet, er verbringt 2,5 Monate in Untersuchungshaft. «Lion» wird ihm weggenommen und kommt in ein Tierheim. Dort habe man gegenüber da Costas Freundin, welche die Medikamente vorbeibrachte, plötzlich von Einschläfern geredet. «Doch ohne die Einwilligung des Besitzers dürfen die das nicht machen.»

Noch im Gefängnis versucht da Costa über seinen Anwalt, alles Formelle nachträglich zu regeln und die nötigen Schritte einzuleiten, um nach seiner Entlassung der rechtmässige Besitzer zu werden. Der Stiefvater seines Freundes zeigt sich einverstanden, da Costa erhält eine Vollmacht. Vor drei Wochen kommt er dann frei – das Wiedersehen mit «Lion» bleibt aber aus.

«Vielleicht ist ihm etwas zugestossen»

«Das Veterinäramt stellt sich quer. Sie sagen mir, dem Hund gehe es schon gut. Doch ich habe keine Zusicherungen.» Dem Stiefvater des Freundes aus dem Kanton Bern, der derzeit noch der rechtmässige Besitzer ist, müssten sie eigentlich entgegenkommen, doch auch dieser stösst auf geschlossene Türen. Da Costa hat eine Vermutung: «Es geht schon lange nicht mehr um den Hund, auch nicht darum, dass ‹Lion› ein Listenhund ist. Sie wollen, dass ich finanziell blute.» Denn die Rechnungen, vor allem jene des Anwalts, stapeln sich mittlerweile.

«Vielleicht passt ihnen mein Gesicht nicht, oder meine Herkunft», so da Costa. «Vielleicht stört sie, dass ich in U-Haft war. Doch bis zu einer Verurteilung müsste die Unschuldsvermutung gelten.» Das Veterinäramt wolle ihm keinen einzigen Grund nennen, weshalb er keinen Kontakt zu Lion haben sollte. Und so befürchtet er mittlerweile das Schlimmste: «Vielleicht ist ‹Lion› etwas zugestossen, und sie wollen es nun vertuschen.»

Aufenthaltsort kann aus Sicherheitsgründen geheim bleiben

Um seinen Hund wiederzubekommen, ist da Costa mittlerweile sogar in den Kanton St. Gallen gezogen. Dort sei das Halten eines American Bully XL total legitim. Das Veterinäramt wisse von seinem Umzug, doch genützt habe auch das nichts. Alles sei beim Alten geblieben: Er werde ignoriert und abgewimmelt. «Es ist einfach nicht fair. Ich weiss von Fällen, wo andere Hunde schlecht behandelt wurde. Doch die Besitzer durften ihre Hunde behalten.»

Auf da Costas Vorwürfe angesprochen, teilt das Veterinäramt des Kantons Zürich gegenüber ZüriToday mit, dass es im Falle einer Haltung eines Listenhundes prüfen müsse, welche Personen involviert seien. Mit diesen Personen würde denn auch abgeklärt, wie es mit dem Hund weitergehen würde.

Fordere eine konkrete Situation, Tiere vorsorglich zu beschlagnahmen und unterzubringen, könne das Veterinäramt aus Sicherheitsgründen nichts zum Aufenthaltsort des Tieres bekannt geben. Zu den konkreten Anschuldigungen da Costas nimmt das Veterinäramt keine Stellung.

veröffentlicht: 6. Mai 2022 17:22
aktualisiert: 6. Mai 2022 23:39
Quelle: ZüriToday

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