«Die müssen gutes Zeug rauchen»
Der Verkehr und die Stadt Zürich – eine Hassliebe sondergleichen. Überall wird nach Verkehrsberuhigung geschrien. Die einen fordern mehr Platz für Velos, die anderen jammern über zu wenig Parkplätze. Am Schluss hat jedes Argument seine Berechtigung.
Autofreie Feierzone tagsüber
An speziell stark frequentierten Orten versucht die Stadt nun, den Verkehr einzudämmen. So auch an der Langstrasse im Zürcher Kreis 4. Ab dem Herbst 2023 soll ein Teil der Ausgeh- und Partymeile autofrei werden. Jedoch nicht in der Nacht, wenn die Feierwütigen die Strasse stürmen. Au contraire – zwischen 5.30 Uhr am Morgen und 22 Uhr abends soll der sechzig Meter lange Abschnitt zwischen der Brauerstrasse und der Dienerstrasse nur noch für Velos, Busse und Taxis befahrbar sein.
Autoposen als Volkssport
Auf Social Media löst dieses Vorhaben eine Welle der Entrüstung aus. Wirklich gut scheinen die Idee nur Leute zu finden, die Zürich und speziell die Langstrasse sowieso nicht mögen. Ob sich die Bevölkerung da je einig wird? Liest man sich durch die Kommentare auf Reddit, Facebook & Co. scheint das eher unwahrscheinlich.
«Also in der Nacht, wenn es massiv staut, dürfen die Autos noch fahren, aber am Tag, wenn einige Lieferanten Sachen zu den Bars und Restaurants bringen, ist die Durchfahrt verboten? Ist das nicht etwas dumm?», fragt sich ein User. «Hauptsache, in der Nacht können die Poser weiterhin mit ihrem geleasten BMW einen auf wichtig machen», spottet ein anderer.
«Die müssen gutes Zeug rauchen»
Unter den Kommentierenden finden sich auch Befürworter: «Endlich passiert etwas. Die Zukunft der Städte liegt nicht im Pkw-Verkehr», schreibt ein User. Trotzdem überwiegt das Unverständnis. Ein Reddit-Nutzer schreibt ungläubig: «Die sperren die Strasse am Tag und nicht in der Nacht? Speziell freitags und samstags nicht? Die müssen alle gutes Zeug rauchen.»
Langstrasse bleibt Langstrasse – auch ohne (Auto)-Verkehr
Fragt man die Gastroszene im Kreis 4, scheint die Sperrung keine grosse Aufregung zu verursachen aber auch keine Fans zu haben. «Wer zum Limmatplatz muss, wird weiterhin durch die Unterführung fahren, das wird den Verkehr auf dem Rest der Langstrasse kaum minimieren», sagt einer der ansässigen Gastrobetreiber. Er freut sich zwar, dass man später die Langstrasse auch rauffahren kann, sieht da aber gleich wieder das nächste Problem: «Wenn man bis oben durchfahren kann, generiert das ja wieder mehr Verkehr, statt weniger. Und ab 22 Uhr gibts sowieso wieder ein Puff.»
Der Barbetreiber meint auch, dass es oberhalb der Langstrasse, mit dem breiten Trottoir und den Bäumen sicher hübscher werde aber, «Autofrei bringt insofern wenig, weil die Langstrasse am Tag relativ unspannend ist. Man läuft rum und sieht geschlossene Läden», erklärt er. Am Abend bleibe die Langstrasse sowieso so, wie man sie kennt. Und das ist schrill, bunt und laut.
Auch Dani, Barkeeper aus dem Kreis 4, findet die Aktion «birreweich». Wenn dann müsste man die Langstrasse nachts sperren, findet er. «Offen lassen, wenn alle auf der Gasse sind und sperren, wenn Lieferanten zu uns müssen? Super Idee», sagt er lachend.