Verschwundene Iranerin

Was mit Kletterin Elnaz Rekabi passiert sein könnte

18.10.2022, 13:58 Uhr
· Online seit 18.10.2022, 12:48 Uhr
Im Iran herrscht Chaos, die Kritik am Regime wird immer grösser. Ein weiteres Kapitel mit heftigen Diskussionen schreibt jetzt eine Geschichte um eine iranische Sportlerin. Sie ist nach einem Wettkampf spurlos verschwunden.
Anzeige

Tausende gehen im Iran seit Wochen auf die Strasse und demonstrieren laut für Menschenrechte. Dabei werden sie von der Polizei teils heftig zurückgedrängt, festgenommen oder getötet. Seit Sonntag ist nun eine iranische Kletterin verschwunden.

Pass und Handy nach Wettkampf weggenommen

Elnaz Rekabi ist für den Iran bei den Asienmeisterschaften in Seoul am Wochenende im Klettern im Einsatz gewesen. Aus Protest gegen die Situation im eigenen Land hat sie dabei fürs Kletten das Kopftuch abgelegt. Das ist in ihrem Land eigentlich verboten. Wie der persische Ableger von BBC berichtet, ist Elnaz Rekabi daraufhin verschwunden. Der Frau soll in Südkorea nach einem Wettkampf der Pass und das Handy geklaut worden sein.

Die iranische Botschaft in Seoul teilte am Dienstag mit, die Kletterin sei zusammen mit anderen Teammitgliedern von Seoul nach Iran abgereist. Dies konnte bisher nicht bestätigt werden. Iranwire, eine regierungskritische Website, schrieb am Montag, Rekabi werde vermutlich in Irans bedenkliches Evin-Gefängnis in Teheran gebracht. Der Iran dementiert eine Festnahme. Fakt ist, seit Sonntag ist Rekabi nicht mehr erreichbar.

Rekabi entschuldigt sich auf Instagram

In einer Instagram-Story eines Accounts, der Rekabi zugeschrieben wird, entschuldigte sich die Sportlerin dafür, kein Kopftuch getragen zu haben. «Durch ein unpassendes Timing und einen unvorhersehbaren Aufruf zum Klettern» habe sie das Kopftuch unabsichtlich nicht getragen, hiess es darin. «Zurzeit bin ich mit dem Team auf dem Weg in den Iran, gemäss dem vorher vereinbarten Zeitplan.»

Beobachter deuteten die Entschuldigung als erzwungene Stellungnahme. Die iranischen Behörden üben regelmässig Druck auf Aktivisten im In- und Ausland aus. Auch im Staatsfernsehen werden ähnliche Entschuldigungen veröffentlicht, die von Menschenrechtsgruppen als erzwungene Geständnisse kritisiert werden.

Beobachter rechnen mit einem Ausschluss Rekabis aus der Nationalmannschaft und einem Ausreiseverbot. Kritiker fürchten, dass Rekabi festgenommen und eingeschüchtert wurde. 

Regierung drohte zuvor mit Konsequenzen

Man kann davon ausgehen, dass die iranische Regierung mit ihrem Verschwinden zu tun hat. Schliesslich haben die iranischen Staatsmedien empört reagiert, als Elnaz Rekabi auf das Kopftuch verzichtet hat. Die Regierung hat schon vor dem Wettkampf mit Konsequenzen gedroht, falls sie das macht. Das Ereignis passt ausserdem ins Bild der aktuellen Ereignisse im Iran. Die Proteste, die es im Land seit einer Woche gibt, hängen mit dem Tod einer jungen Kurdin zusammen, die ihr Kopftuch nicht richtig getragen hat, von der Sittenpolizei verhaften wurde und daraufhin gestorben ist.

Die Reaktionen weltweit sind noch eher zurückhaltend, weil zum Fall der Kletterin Elnaz Rekabi noch wenig Details bekannt sind. Allgemein gerät der Iran immer mehr unter Druck. Die Menschen weltweit werden wütender. Die EU hat am Montag neue Wirtschaftssanktionen beschlossen. Dazu kommt zusätzlich böses Blut wegen Kriegs-Drohnen, die der Iran an Russland liefern soll. Dabei handelt es sich um die Drohnen, mit denen in den letzten Tagen die Ukraine beschossen wurde. Auch da will die EU weiter beurteilen, wie gehandelt werden soll.

veröffentlicht: 18. Oktober 2022 12:48
aktualisiert: 18. Oktober 2022 13:58
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch