Ein typischer Sommerabend in der Schweiz. Kaum hat man sich ins viel zu warme Bett gekuschelt, das Licht gelöscht und die Augen geschlossen, geht schon das nächtliche Konzert los. Selbst wenn sie sich in der hintersten Ecke des Zimmers verborgen haben: Das Geräusch der Steckmücken verstärkt sich vom zarten Summen rasch zum tosenden Lärm. Und die winzigen Insekten bleiben nicht lange fern. Zielsicher stürzen sie sich auf ihre Opfer, um deren Blut zu saugen. Doch wie schaffen die kleinen Biester das eigentlich?
Dieser Frage sind US-amerikanische Forscherinnen und Forscher auf den Grund gegangen, wie der «Standard» berichtet. Sie fanden heraus, dass die Sensoren der Stechmücken weitaus komplexer und leistungsfähiger sind als bislang angenommen. Mücken verfügen nämlich über ein einzigartiges System, um ihre Opfer zu finden.
Quelle: CH Media Video Unit
Kohlendioxid und Schweiss lockt Blutsauger an
Gemeinhin meinen wir, dass sich Stechmücken am Licht orientieren. Doch das sei ein Irrtum. Sie orientierten sich vielmehr an Gerüchen und Ausdünstungen, die Menschen und andere Säugetiere abgeben. Vor allem das ausgeatmete Kohlendioxid wirke wie ein Magnet auf die Plagegeister. Aber auch unser Schweiss locke die Insekten an.
Wahrnehmbar werden wir für die Mücken, indem unsere Ausdünstungen Rezeptoren in den Riechzellen ihrer Antennen stimulieren. Die Forschenden haben deshalb untersucht, ob sich diese Sensoren mithilfe gentechnischer Manipulation deaktivieren lassen. Zu ihrem Erstaunen war das zwar problemlos möglich, aber wenig effektiv. Die Tiere riechen uns auch dann noch, wenn ihre CO2-Sensoren ausgeschaltet sind. Sie orientieren sich dann einfach an organischen Düften.
Aber auch wenn die Rezeptoren für andere Geruchsquellen ausgeschaltet werden, sind die Insekten nicht orientierungslos. «Selbst Moskitos, denen eine ganze Familie von Chemorezeptoren fehlt, können noch immer Menschen finden und stechen», wird die Neurobiologin Margo Herre von der Rockefeller University zitiert. «Sie brechen all unsere Regeln darüber, wie Tiere Dinge riechen.»
Fällt ein Sensor aus, springen andere ein
Bei den meisten Tieren, und auch beim Menschen, sind laut Standard einzelne Riechzellen für bestimmte Duftstoffe zuständig. Verlören diese Zellen ihre Funktion, sei der Duft auch nicht mehr wahrnehmbar. Anders verhalte es sich bei den Stechmücken: Sie verfügten über ein viel differenzierteres System, durch das sich Gerüche auf verschiedenen Wegen detektieren lassen.
Stechmücken verfügen also über ein ausgefeiltes Arsenal an Sensoren, die unterschiedlichste Komponenten unseres Körpergeruchs abdecken können. Was bedeutet diese Erkenntnis für die Blutsauger-Abwehr? «Man muss sich mehr anstrengen, um Moskitos fernzuhalten», sagt Leslie Vosshall vom Howard Hughes Medical Institute, eine der Forscherinnen.
Einzelne Duftstoffe zu übertünchen, reiche nicht. Künftige Strategien müssten deshalb stärker berücksichtigen, dass unsere Anziehungskraft für Stechmücken sehr vielschichtig ist.
(osc)