Nach Amoklauf

Serbien kommt nicht zur Ruhe: Proteste gegen Gewalt, Spannungen mit Kosovo – und obendrauf Überschwemmungen

18.06.2023, 10:04 Uhr
· Online seit 18.06.2023, 07:55 Uhr
Zehntausende Menschen haben in Belgrad und drei weiteren Städten Medienberichten zufolge gegen die Gewalt in Serbien demonstriert. Es war der siebente Protest in Folge, nachdem bei zwei Amokläufen im Mai 18 Menschen getötet worden waren.
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Die Teilnehmer der Belgrader Kundgebung versammelten sich am Samstagabend vor dem Parlament im Zentrum der serbischen Hauptstadt. In zwei getrennten Kolonnen marschierten sie zur Stadtautobahn, wo sie für zwei Stunden einen Abschnitt blockierten. Weitere Demonstrationen fanden in den Grossstädten Novi Sad, Nis und Kragujevac statt.

Rücktritt des Präsidenten gefordert

Die Teilnehmer der Kundgebungen forderten den Rücktritt von Präsident Aleksandar Vucic sowie der für den Sicherheitsapparat zuständigen Beamten. Vucic und den von ihm kontrollierten Boulevardmedien warfen sie vor, ein Klima des Hasses und der Gewalt zu erzeugen. Zu der Kundgebung hatten linke und liberale Oppositionsparteien sowie Bürgerbewegungen aufgerufen.

Ein 13-Jähriger hatte Anfang Mai in einer Belgrader Schule neun Mitschüler und einen Wachmann erschossen. Einen Tag später schoss ein 21-Jähriger in einem Dorf bei Belgrad auf Menschen und tötete acht von ihnen. Die beiden Taten, die nicht unmittelbar miteinander zusammenhingen, erschütterten die serbische Gesellschaft tief.

Spannungen mit Kosovo

Währenddessen dauern die Spannungen mit Nachbar Kosovo an. Beinahe täglich kommt es im fast ausschliesslich von Serben bewohnten Nord-Kosovo zu Zusammenstössen oder zu Gewaltakten gegen Amtspersonen und Journalisten. Das heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt dies nicht an und verlangt die Rückgabe seiner ehemaligen Provinz.

Polizisten entführt oder eingedrungen?

Für Aufruhr sorgten zuletzt drei kosovarische Polizisten, die von Serbien festgenommen worden waren. Nach kosovarischer Darstellung waren sie aus dem Kosovo entführt worden. Belgrad behauptete, sie seien nach Serbien eingedrungen. Die internationale Schutztruppe KFOR, die für die Sicherheit im Kosovo zuständig ist, erklärte am Freitag: Man sei nicht in der Lage festzustellen, auf welchem Staatsgebiet die Gefangennahme der drei Polizisten erfolg sei. Gleichzeitig mahne sie beide Seiten, Aktionen ihrer Sicherheitskräfte im Grenzbereich mit der KFOR abzusprechen – was in diesem Fall nicht geschehen sei.

Grenzsperre aufgehoben

Nichtsdestotrotz reagierte Kosovo vorübergehend mit einer Grenzsperre für Fahrzeuge und Waren aus Serbien. Die Sperre wurde am Wochenende wieder aufgehoben, jedoch würden serbische Fahrzeuge von den kosovarischen Grenzbeamten weiterhin verstärkt kontrolliert, wie das serbische Fernsehen RTS berichtete.

Gleichzeitig auch noch Unwetter

Obendrauf kamen in den letzten Tagen auch noch massive Regenfälle, die für Überschwemmungen in einigen Regionen des Landes sorgten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, seien 1300 Einsatzkräfte mit 22 Booten daran, Einwohner aus überschwemmten Gebieten zu evakuieren. Die Regierungen von Serbien und Bosnien hätten angesichts der sich nicht bessernden Wetterprognosen gebietsweise den Notstand ausgerufen.

(rio.)

veröffentlicht: 18. Juni 2023 07:55
aktualisiert: 18. Juni 2023 10:04
Quelle: sda

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