Südafrika

Nach Hälfte der Haft: Oscar Pistorius kommt auf Bewährung frei

24.11.2023, 16:10 Uhr
· Online seit 24.11.2023, 14:06 Uhr
Der frühere Spitzensportler Oscar Pistorius soll auf Bewährung freigelassen werden. Das teilte die südafrikanische Justizvollzugsbehörde am Freitag mit. Pistorius hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin getötet und war deshalb wegen Totschlags verurteilt worden.
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Pistorius soll demnach am 5. Januar aus dem Gefängnis in der Hauptstadt Pretoria entlassen werden. Er sei als «Ersttäter mit einem positiven Unterstützungssystem» eingestuft worden, hiess es. Am Freitagmorgen fand eine Bewährungsanhörung statt.

Jahrelanges Verfahren endete in Haftstrafe

Pistorius hatte seine damalige Freundin Reeva Steenkamp mit vier Schüssen durch die Toilettentür seiner Villa getötet. Das Verfahren gegen den ehemaligen Sprintstar zog sich über Jahre und ging durch mehrere Instanzen. Je mehr das Gericht die Abläufe der tödlichen Nacht aufdröselt, desto grösser das Entsetzen der Öffentlichkeit. Pistorius sagte damals aus, er habe mehrfach gefeuert, weil er hinter der Tür einen Einbrecher befürchtet habe. Doch die Beweislage sprach gegen ihn.

Tat setzte Karriere ein abruptes Ende

Vor der Tat, die alles änderte, führte Pistorius buchstäblich ein goldenes Leben und stand auf dem Zenit seiner Karriere. Bei den Paralympischen Spielen 2012 hatte er auf eigens angefertigten Karbon-Prothesen sechs Goldmedaillen gewonnen.

Ihm waren einst als Kind wegen eines Gen-Defekts die Beine unterhalb der Knie amputiert worden. Die L-förmigen Spezial-Prothesen, mit denen er seinen Mitstreitern davon sprintete, verpassten ihm den Spitznamen Blade Runner. Es war die Geschichte eines Mannes, der trotz widriger Umstände mit harter Arbeit Grosses vollbrachte.

Frei auf Bewährung

Der heute 37-Jährige hat etwa die Hälfte seiner Haftstrafe von 13 Jahren und fünf Monaten abgesessen. Nach südafrikanischem Gesetz hatte er damit automatisch Anspruch auf eine Bewährungsanhörung.

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Der Zeitraum der Bewährung belaufe sich auf fünf Jahre, sagte Rob Matthews, der Anwalt von June Steenkamp, der Mutter der getöteten Reeva Steenkamp. Pistorius werde bis Januar ein Reintegrationsprogramm innerhalb der Haftanstalt durchlaufen. Zu den Bewährungsauflagen gehörten eine Therapie zur Aggressionsbewältigung sowie gemeinnützige Arbeit im Bereich geschlechtsspezifische Gewalt, so Matthews. Pistorius werde demnach zunächst im Haus seines Onkels in Pretoria wohnen, welches er nicht ohne Erlaubnis der Behörden verlassen dürfe.

«Ich glaube nicht Oscars Version»

June Steenkamp hatte für die Anhörung am Freitag eine schriftliche Erklärung eingereicht, die ihr Anwalt den vor dem Gefängnis versammelten Medien vorlas. «Ich glaube nicht Oscars Version, dass er die Person auf der Toilette für einen Einbrecher hielt», hiess es darin. Sie sei auch nicht überzeugt, dass Pistorius rehabilitiert sei, weil er nie die Wahrheit eingestanden habe.

Ihr Leben sei seit der Tötung ihrer Tochter «ein endloses schwarzes Loch aus Schmerz und Einsamkeit», das niemals gefüllt werden könnte, schrieb June Steenkamp. Ihr im September verstorbener Ehemann Barry, der kurz nach dem Prozessbeginn einen Schlaganfall erlitten habe, sei an einem gebrochenen Herzen gestorben.

Zukunft von Pistorius noch unklar

Pistorius und Reeva Steenkamp galten damals als Traumpaar: der erfolgreiche, ehrgeizige und markante Sportstar mit der bildhübschen, intelligenten Freundin, die sich öffentlich für Frauenrechte einsetzte. Sie waren Teil der Elite des Landes, feierten wilde Partys, fuhren schnelle Autos.

Doch was Südafrikanern wie ein Märchen schien, endete als Alptraum. Aus der gefeierten Ikone Pistorius wurde ein verschmähter Totschläger. Was der gefallene Star nun mit dem Rest seines Lebens machen wird, das weiss noch niemand.

(sda/red.)

veröffentlicht: 24. November 2023 14:06
aktualisiert: 24. November 2023 16:10
Quelle: ArgoviaToday

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