Kriegspropaganda

Das Z ist in der russischen Gesellschaft angekommen – doch wofür steht es?

11.03.2022, 16:13 Uhr
· Online seit 11.03.2022, 14:11 Uhr
Das mysteriöse Z taucht längst nicht mehr nur auf den Panzern der russischen Armee auf. Und doch rätselt man weiterhin, wofür der Buchstabe stehen könnte. Klar ist: Er scheint eine enorme Wirkung zu entfalten.
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So viel vorneweg: Den Buchstaben Z, wie er in der deutschen Sprache existiert, gibt es im russischen Alphabet nicht. Das kyrillische Pendant sieht einer Zahl zum Verwechseln ähnlich, und zwar der З. Umso erstaunlicher ist es, dass zuerst auf russischen Panzern in der Ukraine, mittlerweile aber auch in Russland selbst immer öfters ein lateinischer Buchstabe auftaucht – und vor allem immer professioneller.

Die staatliche Propaganda-Maschinerie hat allem Anschein nach eine seriös aufgegleiste Kampagne mit dem Z lanciert, mit konkretem Design und dem Hashtag «Wir geben das Unsere nicht auf». An Hauswänden in Städten wie Moskau oder St. Petersburg tauchen identische Plakate und Werbebanner auf. Und auch digital verbreitet sich die Botschaft rasant.

Über die Bedeutung des Z wird ausserhalb Russlands weiterhin gerätselt. Unbestätigte Theorien gibt es aber dazu zuhauf. Eine bezieht sich auf das russische Wort «Zapad» (Запад): Dieses bedeutet «Westen» – und dorthin bewegen sich die Streitkräfte von Präsident Putin. Mit der Himmelsrichtung könnte aber auch gemeint sein, dass die mit einem Z markierten Fahrzeuge aus dem westlichen Russland kommen.

Das kyrillische und das lateinische Alphabet vermischen sich

Eine andere Theorie besagt, dass das Z für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj steht. Dessen Familienname wird in vielen Sprachen mit einem lateinischen «Z» transkribiert. Und wiederum andere sind überzeugt, dass der Buchstabe für etwaige Kampfparolen steht: «Za Pobedu» etwa bedeutet «Für den Sieg», «Za pravdu» heisst «Für die Wahrheit».

Dass letztere Theorie die wahrscheinlichste ist, unterstreichen offizielle Instagram- und Telegram-Einträge von russischen Staatsorganen. Diese beinhalten immer öfters die geläufigen Parolen. Dabei wird das kyrillische Z (beziehungsweise die 3) explizit mit dem lateinischen ersetzt – genau gleich verhält es sich übrigens mit dem V (kyrillisch «б»), welches für «Victory» (englisch für Sieg) stehen soll. Folgendes Beispiel hat das russische Verteidigungsministerium gepostet, aus «3a Пацаноб» wird «Zа ПацаноV». Übersetzt heisst das «Für die Jungs»:

Putin muss Akzeptanz schaffen

Über die Hintergründe dieses russischen Buchstabensalats mag noch lange gerätselt werden. Fakt ist aber jetzt schon: Er verfehlt seine Wirkung nicht, im Gegenteil: Etliche Russinnen und Russen tragen die Propaganda mit, das Z taucht nebst den Werbebannern und Plakaten immer öfter auch an nichtstaatlichen Stellen auf. Die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt gar von einem Kult. Etliche Instagram-Posts von Privatpersonen bezeugen dies, genauso wie dieses Foto von einem Moskauer Souvenir-Shop:

Die Propaganda-Maschine arbeitet in Russland derzeit auf Hochbetrieb. Das Ziel ist klar: Der Krieg in der Ukraine muss legitimiert werden, Putin muss sein Volk überzeugen können. Ob ihm das gelingen wird, darf angezweifelt werden. Die etlichen Anti-Kriegsdemonstrationen in Russland, bei denen schon tausende Menschen verhaftet wurden, zeigen ein Bild des Widerstands. Das Z kommt nicht nur gut an.

veröffentlicht: 11. März 2022 14:11
aktualisiert: 11. März 2022 16:13
Quelle: ZüriToday

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