Q&A

Das musst du über das Kiffen in Deutschland jetzt wissen

03.04.2024, 16:20 Uhr
· Online seit 03.04.2024, 05:00 Uhr
Seit dem 1. April 2024 ist in Deutschland das Cannabis-Gesetz in Kraft. Besitz und Anbau ist somit in Deutschland für Erwachsene unter bestimmten Vorgaben legal. Zugleich wird der Cannabis-Verkauf an Minderjährige härter bestraft. Welche Regeln nun gelten und was du über das Kiffen ennet der Grenze wissen musst, erfährst du hier.
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Warum wurde Cannabis in Deutschland eigentlich zum Teil legalisiert?

Die deutsche Ampel-Koalition will mit der Teillegalisierung von Cannabis den unkontrollierten Handel und Konsum über den Schwarzmarkt und somit die organisierte Kriminalität eindämmen. Zeitgleich soll der Jugendschutz erhöht werden.

Welche Regelungen gelten bei Eigenbedarf und Eigenanbau?

Cannabis wurde im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen. Erwachsene dürfen in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben. Zu Hause sind der Besitz von 50 Gramm erlaubt. Wer die Grenze um 5 Gramm (unterwegs) respektive 10 Gramm (zu Hause) überschreitet, muss mit Bussen rechnen. Auf den Besitz grösserer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Weitergabe und Verkauf bleiben aber weiterhin verboten. Zu Hause – nicht im Kleingarten – dürfen drei weibliche blühende Pflanzen angebaut werden. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden. Dazu dürfen erwachsene Personen Cannabissamen für den privaten Eigenanbau aus EU-Mitgliedstaaten einführen oder online bestellen.

Wo können Konsumenten legal Cannabis erhalten?

Neben dem privaten Anbau ist die Abgabe vorerst nur über nicht gewinnorientierte Anbauvereinigungen oder Cannabis-Clubs möglich. Diese dürfen maximal 50 Gramm Cannabis im Monat pro Mitglied zum Eigenkonsum abgeben. Dafür muss man 18 Jahre alt sein und in Deutschland wohnen. Sind die Mitglieder unter 21 Jahre alt, bekommen sie höchstens 30 Gramm pro Monat. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.

Dürfen Jugendliche Cannabis kaufen? 

Jugendlichen unter 18 Jahren bleibt sowohl der Besitz als auch der Konsum von Cannabis weiterhin untersagt. Werden sie erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren. Vor allem, wenn es sich um sehr junge Konsumenten mit sogenanntem riskantem Konsumverhalten handelt, muss auch das Jugendamt eingeschaltet werden. Die Betroffenen sollen dann an Präventionsprogrammen teilnehmen. Die Jugendlichen müssen aber auch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn die gefundenen Mengen die bei Erwachsenen erlaubte Menge von 50 Gramm zu Hause übersteigen, wenn sie dealen oder die Droge an andere Kinder und Jugendliche verkaufen.

Ist Kiffen in der Öffentlichkeit erlaubt? 

Wo es nicht explizit verboten ist, darf konsumiert werden. Rund um Schulen, Kindergärten, Spielplätze und öffentliche Sportplätze – darunter fallen auch Fussballstadien – ist das Kiffen in einem Radius von 100 Metern verboten. In den Fussgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden. In Raucherbeizen entscheiden die Inhaber, wie sie damit umgehen.

Darf ich jetzt legal in der Mittagspause kiffen, wenn ich ennet der Grenze arbeite?

Der Konsum von Cannabis in Deutschland ist nun zwar grundsätzlich legal, das gilt aber nicht automatisch für den Arbeitsplatz. Beschäftigte schulden ihrem Arbeitgeber «ihre ungetrübte Arbeitsleistung», sagte der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Professor Michael Fuhlrott, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das bedeutet: Wer nicht mehr mit einem klaren Kopf arbeiten kann, muss schlimmstenfalls mit arbeitsrechtlichen Massnahmen rechnen – das gilt übrigens auch, wenn es im Betrieb kein explizites Cannabis-Verbot gibt, wie der «Tagesspiegel» schreibt. Auch ein Joint auf dem Weg zur Arbeit kann die Arbeitsleistung beeinträchtigen und ist damit nicht zu empfehlen.

Bleibt Dealen strafbar? 

Das Dealen in Deutschland bleibt weiterhin strafbar – auch für Minderjährige. Zum Schutz werden einige Strafen gar verschärft. So wird etwa die Abgabe von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe statt bisher einem Jahr bestraft.

Wie wird der Konsum kontrolliert? 

Das ist ähnlich wie beim Handy am Steuer – man muss entweder erwischt oder angezeigt werden. Es wird allerdings bezweifelt, dass die Polizei Cannabis-Streifen im grossen Stil im Einsatz hat. Das wäre schon allein aus personellen Gründen nicht so leicht umsetzbar.

Welche Strafen drohen, wenn man erwischt wird? 

Wer die Gramm-Vorgaben zum Besitz leicht überschreitet, riskiert ein Bussgeld. Das kann laut Gesetz mit bis zu 30'000 Euro recht happig ausfallen. Werden mehr als 30 Gramm in der Tasche, mehr als 60 Gramm zu Hause oder mehr als drei Pflanzen in der Wohnung gefunden, greift das Strafrecht: Es droht im schlimmsten Fall Gefängnis. Das gilt besonders für die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugendliche. Wer kifft, wo der Konsum nicht erlaubt ist, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert ebenfalls eine empfindliche Strafe von bis zu 30'000 Euro.

Was ist mit dem Strassenverkehr? 

Wer unter THC-Einfluss Auto fährt, auch wenn der Konsum Tage zurückliegt, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. In der Rechtsprechung hat sich dafür der niedrige Wert von 1 Nanogramm THC je Milliliter Blut etabliert, ab dem Geldstrafen, Punkte in Flensburg und Fahrverbot drohen. Nach dem Vorbild der 0,5-Promille-Marke für Alkohol soll aber auch ein Toleranz-Grenzwert für THC kommen. Eine Expertenkommission schlägt 3,5 Nanogramm vor. Ein entsprechendes Gesetz muss aber noch ausgearbeitet werden.

Wie wirkt THC? 

Tetrahydrocannabinol (THC) beeinflusst das zentrale Nervensystem. Bei kleiner Dosierung kann es Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit auslösen. Daher wird es häufig mit der Wirkung von Alkohol verglichen. Ausserdem kann es Übelkeit und Brechreiz unterdrücken. Bei manchen ruft der Konsum aber auch Angstzustände und Panik hervor.

Wie schädlich ist Kiffen?

Auch wenn es teilweise legalisiert wurde, ist Marihuana eine Droge. Wer sie konsumiert, riskiert die Entwicklung einer Abhängigkeit. Vor allem vorerkrankte Menschen können bei längerem Konsum psychische Störungen wie Depressionen und Psychosen entwickeln. Nach heutigem Kenntnisstand geht man aber davon aus, dass gravierende Hirnschäden, wie sie von Alkohol bekannt sind, nicht verursacht werden. Dass sich Cannabis als «Einstiegsdroge» etabliert, wird seit langem kontrovers diskutiert. Gemäss der Deutschen Suchthilfe (DHS) steigt jedoch nur ein geringer Anteil der Cannabis-Konsumenten langfristig auf härtere Drogen um.

veröffentlicht: 3. April 2024 05:00
aktualisiert: 3. April 2024 16:20
Quelle: ArgoviaToday

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