1966 gewinnt England, das Mutterland des Fussballs, seinen bis heute einzigen Weltmeister-Titel. Spieler wie Sir Bobby Charlton, Jack Charlton oder Nobby Stiles machen sich unsterblich – und doch ist heute nur noch ersterer am leben. Die anderen beiden waren ihrem Demenzleiden erlegen, genauso wie zwei weitere Mitspieler.
Ist das bloss ein trauriger Zufall? Nicht, wenn man einer Studie der Universität Glasgow in Schottland glaubt. Deren Wissenschaftler haben nämlich das Demenzrisiko von 7676 ehemaligen Profifussballern analysiert und mit einer Kontrollgruppe verglichen. Das Fazit: Ihr Risiko ist 3,5 mal höher als jenes von Nicht-Fussballspielern.
Kopfbälle werden nur noch einmal pro Woche trainiert
Vor allem Verteidiger sind einem hohen Demenzrisiko ausgesetzt (5 mal höher), bei Torhütern hingegen sehen die Aussichten besser aus. Die Forschenden sind deshalb überzeugt, dass dies auf das Kopfballspiel zurückzuführen sei – Verteidiger tätigen solche aufgrund ihrer Position auf dem Feld nun mal am meisten, Torhüter hingegen praktisch nie. Sie dürfen die Hände benutzen.
Um einer drohenden Demenzerkrankung nun vorzubeugen, hat der schottische Fussballverband kürzlich entschieden: Kopfbälle dürfen nur noch einmal wöchentlich repetitiv trainiert werden. Diese Regel gilt auch für den Profibetrieb. Zudem sei am Tag vor und nach einem Spiel ebenfalls auf Kopfball-Übungen zu verzichten.
The Scottish Football Association is in the final stages of preparing an all-out ban on kids under 12 heading footballs, after sporting damage is linked to later-life dementia#football #header #Scotland https://t.co/yw69AahhWV pic.twitter.com/yuBVGUSYow
— Gizmodo UK (@GizmodoUK) January 16, 2020
SFV verzichtet auf Verbot
Im Juniorenbereich sind die Regeln noch strenger: Im Training von Spielerinnen und Spielern unter 12 Jahren sind Kopfbälle gänzlich verboten, erst ab 16 sollen diese einmal wöchentlich trainiert werden. Diese Regeln gelten übrigens auch in Irland und in England.
Und wie sieht es hierzulande aus? Richtlinien für den Breiten- oder Profifussball gibt es in der Schweiz keine, Verbote im Juniorenfussball auch nicht. Patrick Bruggmann, Direktor Fussballentwicklung beim Schweizerischen Fussballverband (SFV), sagt gegenüber den Tageszeitungen von CH Media, dass es derzeit nicht angedacht sei, «das technische Element ‹Kopfbälle› aus dem Fussball zu verbannen».
Spielfelder und Tore sollen kleiner werden
Den «schottischen Weg» beurteile man beim SFV kritisch: Ein Verbot müssen man auch kontrollieren, so Bruggmann, "sonst kann es zu einer Farce verkommen». Auch deshalb hält er ein Verbot für «wenig sinnvoll». Hinzu komme, dass man die Studie der Universität Glasgow anders beurteile als der schottische Verband.
Stattdessen setzt der SFV lieber auf Sensibilisierung in der Trainerausbildung, wie die Zeitungen von CH Media weiter schreiben. Zudem werde derzeit ein Spielformat eingeführt, bei dem die ganz Jungen auf kleineren Feldern mit kleineren Toren spielen – dies solle die Häufigkeit der Kopfbälle reduzieren.