Bundeskanzler

Walter Thurnherr zum Rücktritt: «Partei spielt keine Rolle für Nachfolge»

16.08.2023, 15:07 Uhr
· Online seit 16.08.2023, 12:51 Uhr
«Meine Macht ist beschränkt, aber ich habe etwas Einfluss»: Diese Worte stellt Bundeskanzler Walter Thurnherr über seinen Auftritt auf der offiziellen Webseite der Landesregierung. Am Mittwoch hat der inoffiziell achte Bundesrat seinen Rücktritt angekündigt.
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Als achten Bundesrat sieht sich Thurnherr indes nicht, wie er auf seiner offiziellen Webseite schreibt. Der Achte im Bild ist er allemal auf dem offiziellen Foto der sieben Regierungsmitglieder. Er könne vermitteln oder steuern, er koordiniere und mache Vorschläge, umschreibt er seine «beschränkte Macht». Und mit kritischen Gedanken, etwa zur Aussenpolitik, hält er nicht hinter dem Berg.

Lange Karriere beim Bund

Thurnherr ist seit Anfang 2016 Bundeskanzler und damit Stabschef des Bundesrates. Er nimmt zusammen mit den Vizekanzlern André Simonazzi - der Bundesratssprecher - und Viktor Rossi an der wöchentlichen Bundesratssitzung teil, hat beratende Stimme und kann Anträge stellen. Ende Jahr, am Ende der laufenden und von Krisen geprägten Legislatur, will er nun gehen, nach einer langen Karriere beim Bund.

Nach dem Studium der theoretischen Physik an der ETH Zürich trat der heute 60-Jährige zweifache Vater 1989 in den diplomatischen Dienst ein. Er arbeitete in Bern, Moskau und New York.

1997 wurde Thurnherr persönlicher Mitarbeiter des damaligen Aussenministers Flavio Cotti (Mitte/TI). Ab 2002 war er Generalsekretär in drei Departementen.

Zunächst übte er diese Funktion unter Joseph Deiss (Mitte) und dann unter Mitte-Bundesrätin Doris Leuthard aus - zuerst im Aussendepartement und ab 2003 im Volkswirtschaftsdepartement. 2011 folgte er Leuthard ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).

Baustelle E-Voting

2015 wählte die Vereinigte Bundesversammlung Thurnherr zum Nachfolger von Corina Casanova – schon sie gehörte der Mitte-Partei an. Er war einziger nominierter Kandidat. Ihren Anspruch auf den Sitz des Bundeskanzlers hatte die damalige CVP mit ihrer Funktion als «Ausgleichspartei» begründet.

Eine Baustelle hat die Bundeskanzlei namentlich beim Digitalisierungsprojekt E-Voting, das Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer nachfragen, um in der Heimat mit abstimmen und wählen zu können. Auch Blinde und Sehbehinderte sind an der Möglichkeit interessiert, elektronisch abzustimmen.

Im Wahljahr 2019 kam nach über 300 Versuchen in 15 Kantonen ein Rückschlag: Der Bundesrat stoppte wegen Sicherheitsbedenken das E-Voting, und die Post zog ihr System zurück. Auch der Kanton Genf wollte sein System nicht mehr weiterentwickeln.

Neustart für E-Voting-Versuche

Knapp vier Jahre später haben neue Versuche mit E-Voting begonnen, nachdem die Post ihr System weiterentwickelt hat, auch mithilfe ethischer Hacker. In den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau durften insgesamt 65'000 Stimmberechtigte, darunter Auslandschweizer, im Juni die virtuelle Urne erstmals wieder benutzen.

Dieselben drei Kantone dürfen auch bei den eidgenössischen Wahlen am 22. Oktober elektronische Urnen anbieten. Diese Bewilligung erteilte der Bundesrat just am Mittwoch, unter anderem für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Wie im Juni sind rund 65'000 Stimmberechtigte zu dem Versuch zugelassen.

Hier gibts den Ticker der Medienkonferenz zum Nachlesen:

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(sda/log)

veröffentlicht: 16. August 2023 12:51
aktualisiert: 16. August 2023 15:07
Quelle: Today-Zentralredaktion

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