Gekaufte Unterschriften

«Muss den Nebengeschmack der Käuflichkeit hinnehmen»

· Online seit 15.02.2023, 16:11 Uhr
Eine Rechnung über 75'000 Franken für 10'000 Unterschriften für eine Volksinitiative wirft Fragen auf. Politexperte Mark Balsiger und Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht erklären, wieso das legitim, aber mit Vorsicht zu geniessen ist.
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Um an die benötigten 100'000 Unterschriften zur Lancierung einer Volksinitiative zu kommen, gibt es verschiedene Methoden. Oft werden für fehlende Unterschriften auf den letzten Metern Firmen engagiert, die diese auftreiben und dafür bezahlt werden. Jüngst wurde bekannt, dass für die Initiative «Blackout stoppen» bereits 75'000 Franken geflossen seien. Dafür hat es 10'000 Unterschriften gegeben. Neu oder gar illegal sei das Vorgehen nicht, erklärt Politologe Mark Balsiger.

Offenbar zahlen Atom-Lobbyisten Geld für Unterschriften für eine Volksinitiative. Inwiefern ist das normal oder ungewöhnlich?

Balsiger: Es gibt es schon lange, dass einzelne Büros in der Schweiz in einem solchen Nischengeschäft unterwegs sind – und meistens in den Schlussphasen eingeschaltet werden, um die noch fehlenden Unterschriften auf der Strasse zu beschaffen. Das Ganze gegen Bezahlung.

Wie hat sich das in den letzten Jahren verändert?

Aus meiner Sicht hat sich das Geschäftsmodell nicht verändert. Es ist wie gesagt ein Nischengeschäft, wenn Verbände und Parteien ihre Möglichkeiten ausgeschöpft haben, dass diese dann beauftrag werden. Der grosse «Reibach» ist nicht zu machen.

Inwiefern ist das für den demokratischen Prozess problematisch?

Wer auf diese Art bezahlte Unterschriften sammelt, muss mit dem Vorwurf leben, – oder akzeptieren – dass das einen Nebengeschmack hat. Es kann den Anschein erwecken, dass Demokratie käuflich werde. Wer viel Geld hat und diese Unterschriften zu einem grossen Teil kaufen kann, steht an einem anderen Ort als Organisationen, die befähigt sind, aus eigener Kraft sämtliche Unterschriften zusammenzubekommen. Im politischen Prozess ist es aber im Anschluss trotzdem noch ein weiter Weg, bis man darüber abstimmt.

«Haben keine klaren Regeln zur Finanzierung»

Wie Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, erklärt, gebe es keine eindeutig klaren Regeln, die eine Beschränkung vorgeben. «Für die Regelung der Polit-Finanzierung sind zwar Regeln in Kraft. So muss man die Finanzierung ab einem gewissen Grad offenlegen. Aber wir haben keine Regel, die eine Beschränkung vorgeben würde», sagt Schefer.

Dass es in diesem Hinblick eine Transparenz gebe, hält er schon mal für wichtig. «Wie sich die neuen Regeln bewähren, muss man jetzt erst mal beobachten», so Schefer. Man müsse jetzt schauen, wie sich die neuen Regeln bewähren und wo es noch Handlungsbedarf gibt. Aus seiner Sicht wäre es auch sinnvoll, wenn es zur Finanzierung eine Grenze der Zulässigkeit geben würde. «Davon sind wir aber weit entfernt», so der Professor abschliessend.

(roa)

veröffentlicht: 15. Februar 2023 16:11
aktualisiert: 15. Februar 2023 16:11
Quelle: Today-Zentralredaktion

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