Vorwürfe

In Kloster Einsiedeln wohnhafter Mann soll Jungen missbraucht haben

15.03.2024, 08:59 Uhr
· Online seit 14.03.2024, 17:01 Uhr
Walter Gerzner wurde nach eigener Aussage als Kind von einem Pater des Klosters Einsiedeln misshandelt. Erst 60 Jahre später konfrontierte er den Abt mit den Vorwürfen, doch dieser leitete keine Untersuchung ein. Dabei lebt der Beschuldigte angeblich noch im Kloster.
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1950 kam Walter Gerzner mit seinen sechs Geschwistern ins Waisenhaus Einsiedeln. Das örtliche Kloster war eng verbunden mit der Einrichtung. Mönche hielten Religionsunterricht und hielten Predigten. Walter Gerzner war wie die anderen Kinder Ministrant.

Als er etwa acht Jahre alt war, holte ein Pater den Jungen an einem Nachmittag ins Kloster in seine Kammer. Gerzner erzählt dem «Beobachter», dass Pater A. ihn als ungehorsam bezeichnete, weil er ihm während des Unterrichts widersprach. Im Zimmer des Paters habe er sich dann ausziehen und sich vor ihm hinknien müssen. «Er warf seine Kutte über mich und drückte meinen Kopf zwischen seine Beine. Es war grauenhaft.»

Opfer bittet Abt um Aufklärung

Gerzner habe lange niemandem von dem Vorfall erzählt, weil ihm «ohnehin niemand geglaubt hätte». Erst über 60 Jahre später schrieb er einen Brief an Abt Urban Federer vom Kloster Einsiedeln und wollte wissen, was aus dem beschuldigten Abt wurde. Auch ob das Kloster von solchen Übergriffen Bescheid wusste und ob es noch weitere Opfer gab, fragte Gerzner in dem Schreiben.

Als Antwort kamen anteilnehmende Worte und ein Verweis an einen Psychologen wie auch die Opferhilfestelle. Ein Pater mit dem entsprechenden Namen sei dem Abt jedoch nicht bekannt. In einem zweiten Schreiben teilte Federer mit, dass er davon ausgehe, dass er nichts weiter unternehmen müsse, da er nichts mehr von Gerzner gehört habe. Dieser schrieb dem Abt jedoch nicht mehr zurück, da er sich nach der Antwort wie gelähmt gefühlt habe. Er will auch keine Anlaufstelle besuchen oder psychologische Hilfe beanspruchen.

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Rund ein Jahr nach dem Briefwechsel hakte der Beobachter beim Kloster Einsiedeln nach. Der Abt erklärte daraufhin, dass er dachte, eine Fachperson würde sich nun um die weiteren Schritte kümmern. Er warte mit einer Voruntersuchung zu, bis eine Ermittlungsbehörde tätig werde. Doch damit ignoriere der Abt die kirchenrechtliche Ermittlungs- und Meldepflicht bei Verdacht auf Missbräuche.

Pater A. soll nach wie vor im Kloster leben

Federer erklärt weiter, dass nicht eindeutig sei, um wen es sich beim Beschuldigten handelt. Mitte der 50er-Jahre sei ein Pater mit dem entsprechenden Namen verstorben, ein anderer habe erst später im Kloster gelebt. Laut dem Beobachter lebt Pater A. aber nach wie vor als hochbetagter Mann im Kloster Einsiedeln.

Was der mutmassliche Täter zu den Vorwürfen sagt, ist nicht bekannt. Abt Urban Federer mache keine weiteren Aussagen dazu. Er habe jedoch eine Meldung nach Rom erstattet.

(lib)

veröffentlicht: 14. März 2024 17:01
aktualisiert: 15. März 2024 08:59
Quelle: ZüriToday

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