Klima und Körper

Heisse Sommer machen Menschen in der Schweiz zu Gfrörli

13.09.2023, 23:53 Uhr
· Online seit 13.09.2023, 18:58 Uhr
Kaum ist die Hitzephase vorbei, verhalten sich viele Personen hierzulande, als würde es auf einen Schlag eisig kalt. Meteorologen und Badmeister nehmen eine geringere Toleranz bei Temperaturen wahr. Grund dafür seien die immer heisseren Sommer.
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Mit den steigenden Temperaturen steigen auch die Ansprüche an das Wetter. Nach einer langen Hitze-Phase ist das Thermometer seit Mittwoch wieder unter die 30-Grad-Marke gefallen. Temperaturen zwischen 20 und 27 Grad prognostizieren die Wetterdienste für die nächsten Tage. Viele Menschen trauern bereits dem Sommer nach und sprechen von «tiefen Temperaturen». Dies, obwohl es immer noch warm ist.

Bereits ab Samstag geht es mit den Temperaturen wieder aufwärts. Am Sonntag soll es sogar 27 Grad warm werden. «Ab 25 Grad plus spricht man von Sommer», sagt Roger Perret, Meteorologe bei Meteonews zur Today-Redaktion. Heute jammerten die Menschen in der Schweiz schneller über die Kälte als früher, stellt der erfahrene Meteorologe fest.

«Nach dieser überdurchschnittlich warmen Phase ist es für viele Leute fast ein Schock, wenn es nicht mehr heiss ist», sagt Perret. Herbstlich werde es auch die nächsten Tage nicht, stellt er klar. «Davon kann erst die Rede sein, wenn es unter 20 Grad warm ist.»

«Bei 25 Grad weniger Lust zum Schwimmen»

Laut dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hat sich der Sommer in der Schweiz bis heute um 2,3 Grad erwärmt. In den letzten Jahren häuften sich sehr warme Sommer.

«Die Leute scheinen sich an die überdurchschnittlichen Temperaturen gewöhnt zu haben, sodass 25 Grad im Vergleich zu früher plötzlich als gar nicht mehr so sommerlich wahrgenommen werden», sagt Roger Perret.

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Badi-Betreiber machen ähnliche Erfahrungen. Bei über 30 Grad sei die Badi immer voll, sagt Roman Lepori, Betriebsleiter des Freibads Allenmoos in Zürich. «Die meisten Leute haben keine Klimaanlage zu Hause, sodass es sie in die Badi zieht.» Sobald das Wetter nicht mehr heiss, sondern nur noch warm sei, werde der Badi-Besuch aber weniger beliebt. «War es längere Zeit jeden Tag über 30 Grad heiss, haben die Leute schon bei 25 Grad weniger Lust, schwimmen zu gehen.»

Wärmere Aussenduschen gewünscht

Die zunehmende Hitze macht einige Menschen auch zu Gfrörli. Roman Lepori stellt fest, dass die Gäste kälteempfindlicher geworden sind. «Viele Gäste wünschen sich wärmere Aussenduschen, zum Beispiel lauwarmes Wasser.» Solche Duschen stünden aber nicht direkt beim Becken, sondern bei den Kabinen zur Verfügung.

Die Entwicklung macht sich auch bei den Besuchenden in den Hallenbädern bemerkbar. «Gäste empfinden eine Beckentemperatur von 28 Grad oft schon als untere Grenze», sagt Michel Kunz, Präsident des Schweizerischen Badmeister-Verbands (SBV). So wünschten sie, dass die Temperatur um ein bis zwei Grad hochgeschraubt werde. Dem kämen die Bäder aber nicht entgegen. «Ein Grad mehr bedeutet sieben Prozent mehr Energieverbrauch.» Zudem dauere es mehrere Stunden, bis das Wasser erwärmt sei. «Bis das Wasser ein Grad wärmer ist, sind die Gäste längst zu Hause.»

Dass das Kälteempfinden mit Gewohnheit zusammenhängt, bestätigt auch die Wissenschaft. Wer zum Beispiel in Sibirien aufwächst, trotzt kalter Witterung wesentlich besser als jemand aus einem tropischen Land. «Das Kälteempfinden wird also je nach Umgebung regelrecht trainiert und entwickelt andere Toleranzgrenzen», zitiert «The Weather Channel» Thomas Korff, Professor am Institut für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Heidelberg.

«Haben genug vom Baden»

Wann der Herbst wirklich Einzug hält, steht zurzeit noch in den Sternen. Modelle von Meteonews deuten aber darauf hin, dass sich der Herbst noch etwas Zeit nimmt. «Es kann sein, dass sich die Temperaturen bis Ende September auf einem recht hohen Niveau bewegen», sagt Meteorologe Roger Perret.

Bleiben noch geöffnete Badis trotz sommerlicher Temperaturen leer, muss dies aber nicht nur an Badegästen liegen, die zu Gfrörli geworden sind. «Wenn es lange schön und heiss war, haben die Leute auch einfach einmal genug vom Baden», sagt Michel Kunz. Anders verhalte es sich bei schlechten Saisons. «Nachholbedarf besteht hingegen, wenn die Saison durchzogen war.» Roman Lepori erinnert sich an den Sommer 2021, der ins Wasser fiel. «War es einmal 25 warm und es regnete nicht, kamen die Leute in die Badis.»

veröffentlicht: 13. September 2023 18:58
aktualisiert: 13. September 2023 23:53
Quelle: Today-Zentralredaktion

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