Tierwohl in Gefahr

Gnadenhöfe in der Krise: Stiftung empfiehlt zweites Standbein

· Online seit 06.03.2024, 05:54 Uhr
Die Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz erreichen immer wieder Hilferufe von Gnadenhöfen. Neben finanziellen Problemen ist die Nachfolgeplanung schwierig. Wie die Stiftung hilft und was die Herausforderungen eines Lebenshofs im Kanton Bern sind.
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Bei der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz (SUST) melden immer mehr Gnadenhöfe Probleme. Die Finanzierung, aber auch die Nachfolgelösungen sind schwierig. Das Traurige: die Leidtragenden sind die Tiere, die auf den Höfen eigentlich ihren Lebensabend geniessen sollten: «Mich hat die Liste eines Gnadenhofs erreicht, der über 400 Tiere vermitteln muss. Darunter viele Esel, Ponys und Pferde, da muss man erst mal ein Platz für jedes Tier finden», so Utzinger.

Dieses Vorhaben ist dabei gar nicht so einfach, wie die Tierschützerin erklärt: «Für Heimtiere, denen es noch gut geht, kann man vereinzelt Plätze finden. Es ist aber nicht einfach, denn auch die Tierheime sind überfüllt. Für Farmtiere ist es um so schwieriger. Für eine alte Kuh oder ein altes Pferd ist es hochproblematisch, noch einen Platz zu finden.»

«Ich befürchte, dass die Zeiten des Konzepts Gnadenhof vorbei sind»

Das Problem liege Utzinger zu Folge auch an der romantischen Vorstellung, einen Gnadenhof zu führen. Viele würden sich vorstellen, auf dem Land zu leben, ihre Tiere zu streicheln und mit den Spenden alle Ausgaben zu finanzieren. Diese Vorstellung sei aber utopisch: «Ich befürchte, dass die Zeiten des Konzepts Gnadenhof vorbei sind. Zumindest, wenn man sich das Konzept romantisch vorstellt.» Für die Zukunft sieht Susy Utzinger ein anderes Konzept: «Das Konzept Lebenshof hingegen, bei dem man zusätzliche Einnahmen, mit Führungen, Aufklärungsevents, Begegnungen mit Tieren für Schulklassen hat, kann funktionieren.»

Ob Lebenshof oder Gnadenhof, der Aufwand und die Ausgaben sind sehr hoch: «Tiere leben dort bis zu ihrem Lebensende. Das alleine verursacht grosse Kosten. Futter, artgerechte Haltung, Parasiten-Behandlungen, Impfungen und der Aufwand der täglichen Pflege.» Und dazu komme noch die Pflege des Hofs und die Instandhaltungskosten. Möchte man einen solchen Hof führen, brauche es viel Herzblut und viel Liebe für die Tiere. Das Streicheln der Tiere ist «das Dessert nach der Arbeit», so die Tierliebhaberin.

Aufbau von zweitem Standbein nicht so einfach 

Das Problem, einen Hof rentabel zu führen, hat auch Beatrice Lehmann. Sie führt den Lebenshof Hashüsli in Walterswil: «Die grössten Herausforderungen sind die Finanzierung, freiwillige Helfer zu finden und die vielen Anfragen von Leuten, die ihre Tiere bei und abgeben wollen.» Denn sie würde sich gerne mit verschiedenen Ideen ein weiteres Einkommen schaffen. Von Nachmittagen für Kinder mit Kursen über Tierethik und Umweltbildung, Firmenanlässen oder sogar eine Art von Übernachtungsmöglichkeit hat die Tierliebhaberin viele Ideen. Die Umsetzung gestalte sich aber schwierig: «Wir haben bereits Konzepte, aber da ich alleine auf dem Hof bin, habe ich keine Ressourcen im Moment noch etwas anzubieten.»

Sieben Tagen in der Woche verbringt Lehmann rund 14 Stunden bei ihren Vierbeinern. Die Tierversorgung versuche sie mit den Spenden und Partnerschaften zu decken. Auf dem Hof eine zusätzliche Stelle zu besetzen, um sich zu entlasten und die Projekte voranzutreiben, gestalte sich nicht einfach: «Bis wir solche Angebote aufbauen können, sind wir angewiesen auf Hilfe. Zum einen bei der Arbeit und zum anderen finanziell, um ein Projekt starten zu können.»

Die letzte Option sei aber aufgeben, denn ein Lebenshof zu führen und jeden Tag so viel Zeit mit den Tieren zu verbringen, sei das schönste Geschenk: «Ich kümmere mich inmitten der Natur um Tiere, die schlimme Erlebnisse hatten. Ihr Vertrauen und ihre bedingungslose Liebe sind ein grosses Privileg. Die glücklichen Tiere sind die treibende Kraft und ein unbezahlbares Geschenk.»

veröffentlicht: 6. März 2024 05:54
aktualisiert: 6. März 2024 05:54
Quelle: BärnToday

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